Anthropologie der Spiele
Spiele wollten immer schon 3D sein, auch wenn die meisten Mechaniken eher planar sind, als dass sie in 3D stattfinden. Viele Spiele orientieren sich am Menschen als Avatar und dessen analogen Möglichkeitsraum und dieser lebt zwar in 3D aber die Fortbewegung findet meistens in 2(.5)D statt – anders gesagt: Wir fliegen eher selten und nutzen sehr selten den 3D Raum völlig aus. Wir laufen im Alltag vorwiegend. Ganz anders sieht es jenseits des Gameplays aus bei den NPCs, die können des öfteren Fliegen oder sich in alle Dimensionen drehen.
Die Mächtigkeit des analogen 3Dimensionalen
Aber selbst höchst planar gestaltete Spiele versuchten schon sehr früh ins 3Dimensionale zu kommen. Nichts scheint mächtiger zu sein, als die analoge Realität digital zu überschreiben. Angefangen bei 3D Spielen mit 2D-Displays auf dem Plato Systems, über den VR Vectrex Imaginer oder den Ideen von Caves oder gar Shutterbrillen bis hin zur Oculus. Es geht letztlich um digitale Kontrolle des Analogen.
Das Display blieb aber weitgehend 2D und Vectorgrafiken oder Polygongraphiken sind zwar attraktiv, aber eben eher für die Abbildung von Technologie als für ‚biologische‘ Wesen geeignet.
Aus dem (Bild-)schirm Rahmen springen
Die 80er Jahre haben aber dennoch gezeigt, dass es möglich ist, den Rahmen zu verlassen und zumindest in der Erfahrung (gefühlt) 3 Dimensionalität zu erzeugen.
Verschiedene Ebenen – Parallax
Eine der ersten Techniken war sicherlich Parallax-Scrolling.
Analoges Parallax in der Animation 1930+
Die Tiefe in Landschaften wird oft wahrgenommen als verschiedene Staffelein, die hintereinander stehen und sich auch bewegen, wenn der Betrachter sich durch die Landschaft bewegt. Diese Wahrnehumg wurde vorallem erschaffend im Animationsfilm genutzt. Dort Multiplane camera (Wikipedia) genannt (Simulation von verschiedenen Ebenen durch verschiedene Layer).
Letztlich funktioniert jede Demo und jedes Spiel so, einfach digitaler.
Dadurch entsteht ohne grösseren Aufwand noch heute ein Gefühlt von Raum und das „Gefühl“, dass der Raum sich ‚ändert“ durch den Betrachter*. Die Wahrnehmung des Raums ist abhängig vom Standpunkt des Betrachters* oder der Kamera, eine „Grundeigenschaft“ von 3D.
Digitales Parallax (Scrolling): Jump Bug 1981
Jump Bug scheint (so zumindest der Wikipedia Artikel dazu) eines der ersten Spiele mit einem ParallaxScrolling-Effekt gewesen zu sein (Todo: Check Platosystems).
Wobei die scrollenden Ebenen nicht überlappend waren und damit spielmechanisch auch Objekte auf der hinteren Ebene eingesammelt werden konnten (!). (Todo: vermutlich muss hier auch die Nutzung von Sternenhimmeln einbezogen werden. Allerdings ist hier unklar, wann der erste mehrfach scrollende Sternenhimmel erfunden wurde).
Diese Art erzeugt ebenfalls eine Art 3D-Effekt, allerdings ist der Effekt letztlich auch sehr klar und eine Art Stil. Die Spielmechanik ist meist auf eine Ebene beschränkt. Dadurch wird der Rahmen, die Idee eines Guckkasten fast noch verstärkt – die Dinge bleiben im Rahmen gefangen. Es bewegt sich etwas vor einem Hintergrund etwa in Shadow of the Beast. Da funktionieren offene Welten einigermassen aber sehr mässig im Untergrund.
Das erste Spiel mit überlagerndem Parallax ist dann (nach Wikipedia) Moon Patrol. Interessant ist dabei, wie Moon Patrol auch schon in der IP auf Comic setzt, auch ein Medium, das geradezu Ebenen einführt, um Visuals und damit Bedeutung zu kreieren.
Gerade die Demoscene hat mit Parallax vehement gearbeitet, ist das Erstellen von verschiedenen Ebenen, die Scrollen aufwändig und braucht Rechenzeit (Überlappungen, Durchsichtigkeit).
Farben für Beleuchtung und Schatten
Eine weiter Möglichkeit zumindest einen 3Dimensi0nalen Raum zu Imaginieren (in der Rezeption) ohne gleich auf 3D zu setzen, waren die neuen technischen Möglichkeiten von mehr Pixeln und wählbaren Farben: C64 16 bestimmte Farben zu 16 wählbaren Farben beim Atari ST oder wählbaren 32 Farben auf dem Amiga. Nun war es möglich beleuchtete Objekte zu „malen“ bzw. zu simulieren. Licht und Schatten waren auf einmal etwas, was im manuellen „Shaden“ zum Tragen kam und das Design zu verändern begann. Vielleicht bis heute am besten gelungen in den Spielen der BitMapBrothers. In ihren Spielen entsteht wie in vielen Spielen der damaligen Zeit 3D durch die Nutzung von Isometrie und der Beleuchtung. Dennoch bleiben auch diese Spiele im Screen gefangen. Sie sind eine Art Diora(h)men.
Drehend ins 3D
Mit mehr Animationen (mehr Speicher) und einfacherer Verwaltung, wurden auch Drehungen aus der Spielebene heraus möglich. Sie bekommen dadurch einen eigentlichen Raum und unterstützen damit die ebenfalls manuell ‚geshadeten‘ Grafiken. Dies wird etwa in R-Type noch mit Parallax-Scrolling erweitert. Wobei die Kamera nicht (!) an den Avatar gekoppelt ist, sondern eine fixe Kamera ist, in der sich das Raumschiff bewegt.
R-Type
Interessanterweise scheint dieser Effekt dabei auch fast unterzugehen, weil sich die Objekte in R-Type nicht radikal genug in den Raum vor dem Screen weiten.
HolyCube C64
Ein anderes Beispiel bei dem dieses Design-Prinzip explizit genutzt wurde. Hier drehen die Objekte aus der Ebene des Spiels raus. Der C64 besitzt zu wenig Farben, um richtig ‚3D‘ vorzurendern, aber in der Bewegung erscheinen die Objekte trotzdem planar 3D.
Giana Sisters (Atari ST, Amiga)
Dies ist anders beim Spiel Giana Sisters 1987 aus Deutschland. In einem ersten Moment handelt es sich um einen Clone von Super Maria, auch wenn das Setting weit moderner ist (Punkgirls etc). Interessant sind hier aber vorallem die sehr gut animierten Endgegner wie der etwa der Drache. Dieser ist geradezu animiert, dass er sich aus der Ebene hinausbewegt und dadurch 3dimensional wird.
Dies wird umso mehr zum Erlebnis, weil die anderen Objekte eher flach designed sind.
Nebulus 1987 (Atari ST, Amiga)
Noch radikaler ist allerdings Nebulus. Hier dreht sich auch die Scene um einen Turm.
Das Spiel selbst ist ein Jump and Run in 2.5 D (Gameplay) um einen Turm herum, bei dem die 3Dimensionalität des Turmes verstanden werden muss. Das Interessante ist, dann wenn sich der Turm dreht, hier wurde wiederum manuell 3D animiert und psychisch fängt der Turm an sich aus dem Bildschirm 3D zu lösen und ein Teil steht aus dem Screen heraus. Dies wird möglich, weil wirklich der ganze Turm und die Umgebung sich dreht. Also im besten Sinn 3D auf einem 2 D Screen ist. Es ist also die Drehung im Raum und nicht nur das verschieben an einer Achse (Parallax).