Wo steht das Gamedesign heute? (Statusbericht – Focus Region Zürich)

Wie steht es, um das GameDesign (angelehnt an den Titel einer Ausstellung im Museum für Gestaltung), ihre Produkte die Games und die Kultur dazu heute?

Die Antwort darauf liefern verschiedene Teilgebiete der Gesellschaft in ihren je eigenen Systemen (Sprache, Wertungen, Kapitalien wie Geld, symbolischem/kulturellen Kapital etc.) sehr unterschiedlich.

Dieser Blogpost versucht die allgemein bekannten Infos zusammenzutragen. Sollten dabei Fakten fehlen, dann bitte einfach ein Email mit den Punkten schicken. Die Emailadresse findet sich auf der rechten Seite.

Grundmode: „Spiel, das ist was für Kinder“

Spiele waren in Europa noch nie gut angesehen – sofern sie nicht dem herrschenden Gesellschaftssystem dienten (Erziehung oder etwa Ritterturniere, die vermutlich wegen den vielen Invaliden abgeschafft werden mussten etc). 1624 wollte etwa der Zürcher Pfarrer Breitinger alle Spiele verbieten vom Theaterspiel bis zum Murmelspiel (soviel zu radikaler Ideologie in Europa). Erst das Buch Homo ludens (Johan Huizinga) legte in den 30er Jahren die konkrete kulturelle Praxis offen, dass das Spiel eigentlich ein Grundmodus nicht nur von lernen, sondern auch von Alltag ist (Rollen, Rollenspiele, Kirche, Magic Circles etc). Dennoch hält sich bis heute die (auch europäische) Einstellung, dass Spiel Spiel ist und von Kindern gemacht wird und der Erwachsene seriös nicht spielt (kein Magic Circle, keine eigenen Regeln). Oder anders gesagt: Das Spiel gehört nicht ins Bildungsbürgertum (nach der Jugend) und ja viele Leute finden Spielen einfach doof und Zeitverschwendung (bei Sportspielen ist dies selbstverständlich anders – ‚ein gesunder Körper…‘), eine Meinung, die durchaus auch legitim ist.

Noch gefährlicher wurden die Spiele als elektronische Spiele – nachfolgend Games genannt – waren sie doch die Speerspitze der Digitalisierung mit Interaktion und Fun. Und die Konsolen waren längst da, als die Computer eintrafen im Durchschnittshaushalt (Pong, Game&Watch, Telespiele oder das Nintendo Entertainment System lässt grüssen). Die Entwickler waren mit die ersten, die gemeinsam an digital-interaktiven audiovisuellen Medien arbeiteten. Im Game trifft das Spiel mit seinen Regeln (Spiele) auf die Maschine der Regeln (Turing Machine alias Computer) mit grossem Potential, wie wir heute wissen. Denn hier wird gelernt, was im Arbeitsalltag ‚gebraucht‘ wird oder (mit McLuhan) hier würden wir uns weniger Angst erfüllt anpassen. Games als ewige Therapie. Und noch heute ist das Spiel bei der Sozialisierung weit vorne: Digitale Produkte, Lootboxen, KI, hohe technische Herausforderungen, Immersion, Flow, Arbeitsbedingungen, gefürchig Leistungshungrige und nicht nachhaltige Rechner etc.

Die Folge davon: Games sind heute zwar ein Alltagsphänomen, durchschnittliche Spieler* sind über 30 und im Teilsystem Wirtschaft wird sehr viel Geld verdient mit „Games“, aber Games sind weiterhin nicht gerade kulturell ‚geschätzt‘, repräsentiert und gefördert. Sie helfen offen anderen, dann sind sie nett und gut. Aber stehen wenig in der öffentlichen analogen Kultur im Zentrum.

Medien – Repräsentation von Games/Gamedesign – Fehlanzeige

In öffentlichen Medien finden Spiele/Games mehrheitlich nicht bzw. nur als vereinzelte Artikel/Beiträge statt. Das im Gegensatz zu Film, Musik oder Büchern (Wo ist die Rubrik Spiele, Games, die Rubriken Autorengames, Kunstgames?). Interessanterweise war die Auseinandersetzung mit Games im Fernsehen in den 80er/90er Jahren viel breiter als Heute. Es wurden sogar eigene Formate entwickelt.

Nach einer weiteren offeneren Phase ab 2000-2015 (Die grossen Vertreter der Branche wie Playstation etc waren damals noch in CH aktiv – CH war noch ein Testmarkt) gibt es nun – im Gegensatz zu etwa zu Literatur oder Filmen – keine regelmässigen Gefässe bzw. Auseinandersetzungen mit Games im öffentlichen Medienbereich. Die unerschiedlichsten Blogs zum Thema sind weitgehend verschwunden.

Games scheinen – Spiele im Allgemeinen auch – nicht zu existieren (ganz im Gegensatz zur Alltagspraxis oder den Let’s plays. Diese sind aber wiederum mehrheitlich keine unabhängige Auseinandersetzung mit Games sondern eher das Gegenteil: Eine Playifizierung von Game). Dabei scheint der Unwille gerade auch von den (etablierten) Journalisten* selbst zu kommen, bei denen oft das Spiel keine Rolle spielt. Weiter kommt hinzu, dass durch die faktische Auflösung von Ressorts in Schweizer Redaktionen (wie bei anderen Themen auch) auch kein Knowhow für die Spezifik von Games vorhanden zu sein scheint.

Spiele werden abgehandelt und behandelt, wie man alles behandelt und so liest man dann des Öftern in diversen Feuilletons haarsträubende Texte, die auf die Eigenheiten von Games wie Gameplay, Spielmechanik oder Interaktivität gar nicht eingehen (können?). Es werden vornehmlich Narratologische oder visuologische Konzepte promotet. Gefährlich ist auch der Diskurs, dass die interessierten Journalisten*, ja sich selbst ausbeuten sollen. Der verpackte Hintergrund: „Warum sollst du dafür genau bezahlt werden, das ist doch Freizeit für dich und macht Spass“. Hier sieht man ähnliche Strukturen wie bei Buchrezensionen, wo letztlich auch nicht das konkrete Lesen – hier Spielen – vergütet wird. Die Folge davon: abgeschriebene, zusammengeschusterte andere Meinungen, Mainstreammeinung und viel Übertragung von Konzepten des Films auf das „Game“. Also keine Diskussion von Gameplay, Spielemechanismen und die Nutzung von Story, Audio, Visuals oder gar die Auseinandersetzung mit dem ‚Wie ist es gemacht‘. Und ebenfalls inexistent die Suche nach interessanten neuen interessanten Konzepten. Wie immer gilt auch hier: Es gibt natürlich strahlende Ausnahmen.

Entdifferenzierte Berichterstattung

Dennoch entstehen von Zeit zu Zeit Artikel, die sich des Themas Gamedesign und Schweiz beleuchten. Darin wird meist auf Personen und Firmen eingegangen. Weiter in die Tiefe gehen diese Berichte dann auch nicht. Hier wird mehrheitlich auch die Sexyness des Themas genutzt und meist auf Jugendliche projeziert im Sinne von: „Die interessiert das ja, uns nicht“. (Dies war um die 2010 Jahre eigentlich besser). Eine Berichterstattung Games als kulturelles oder gar als künstlerisches Phänomen existiert – wie immer soweit bekannt – nicht. Allgemein kann gesagt werden, dass in den gängigen Mainstreammedien mehrheitlich entdifferenziert über Games berichtet wird und dadurch auch keine Kategorien und Ausdifferenzierungen stattfinden und damit auch keine differenzierte gesellschaftliche Auseinandersetzung entstehen kann. Das ist alles einerlei vom Autorenspiel bis zum Tripple-A – alles nur Spiele. Nicht, dass die Spieler* nicht so unterwegs wären, aber das sind sie beim Film auch und trotzdem werden explizit Indiefilme besprochen. Deswegen muss eigentlich das Gegenteil stattfinden, auch eine Ausdifferenzerierung von Spielen und Gruppen. Was sind kulturell relevantere Spiele, die auch Themen anders behandeln, was sind Metaspiele etc. Etwas was im gesamten restlichen Kulturraum bis in die Schule auch passiert und passieren muss. Kultur war immer schon Teil des Differenzierungsprozesses und am einzigen Platz der Stadt Zürich – am Sechsiläutenplatz – steht auch die Oper. Die sich explizit an die Reichsten der Stadt richtet und weiterhin soviel kostet (Anteil Budget), wie zu den Zeiten der 80er Jahre Unruhen. Die Frage: Warum sind Games nicht längst in dem Status? Nur weil der Zürichberg (66% Matura Quote) dasselbe spielt wie die Armen in Aussershil (11% Matura Quote)?

Die heute schon existierende kritische Diskussion von Games (das nimmt einiges an Raum ein), muss selbstverständlich auch weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Nur so kann eine teilweise ausser Kontrolle geratene Massengameindustrie wieder auf „Kurs“ gebracht werden. Denn auch im Film gilt: Nicht alles Machbare wird gemacht. In Fachmagazinen sieht die Sache nicht viel besser aus, hier ist man dazu noch abhängiger von den Platformen/Publishern/Labels, die Werbung schalten. Die Folge davon, dass die Schweiz kein Testmarkt mehr ist, sieht man immer mehr.

Weiterentwicklung und Forderungen: Endlich eigene Spalten/Formate und Auseinandersetzungen auf der Höhe der Zeit. Kategorien der Gamestudies/Gamedesign müssen einfliessen wie Gameplay, Spielmechanik, Regelwerke etc. Differenzierung von Games und Thematisierung wie Tripple A, Indie, Autorenspiele, Art Games, GameArt etc.

Ausstellungen heute – Mehrheitlich Digitaler Biedermeier soweit das Auge reicht

Das MOMA hat vor einigen Jahren Game Design aufgenommen in ihre ‚Design hall of fame‘. Jahre später ist in der Schweiz auch der erste Schritt dahin getan: Es gibt immer mehr Ausstellungen zum Thema Game in öffentlichen Einrichtungen (des Bildungsbürgertums). Die Archive und damit die kulturelle Anerkennung bleiben den Games aber weiterhin verwehrt, ein Teil des Problems auch hier – eine nicht vorhandene Differenzierung in Sachen Games. Games erscheinen als schöne Oberflächen. „Härzig“, wie man so schweizerisch sagen würde.

Betrachtet man die Ausstellungen der letzten Jahre, so stellt man fest, dass die Games visuell und spielmechanisch immer besser gesellschaftlich ‚passen‘ : Play 2018 (Stadtmuseum Aarau), Games (Landesmuseum Zürich) 2020, Radical Gaming – lmmersion, Simulation, Subversion (HEK Basel) 2022, PlanetDigital (UZH, Museum für Gestaltung) 2022, DigitalArtFestival ZH 2022, SPIEL! Games as Critical Practice (FHNW, Festival mit Ausstellungen) 2023 und zu letzt GameDesign Today 2023 (Museum für Gestaltung ZH).

Es scheint, als hätte die Gesellschaft und ihre Institutionen kein Interesse an der Funktion der Games und ihrem Funktionieren (Regelwerke, Spielmechaniken, Gamestudies). Damit behandelt sie es wie fast alle bekannten Kulturprodukte: es geht vor allem um Oberfläche – oder konkreter um visuell/auditive geniessbare Oberflächen und um die Möglichkeit damit nur zu Erzählen. Und so funktionieren auch viele Ausstellungen: Ob Bücher, Filme oder Games. Die Behandlung ist einerlei. Sicher man kann in den Ausstellungen spielen, aber reicht das schon? Und vorallem, was passiert mit dem Publikum? Ist die Idee, dass man sich wohl fühlt im Medium „Game“? Und ist das 2023 noch zeitgemäss. Zur Erinnerung: Es gibt in der Schweiz Ausstellungen zu Games spätestens seit Ende der 2000er Jahre, die Themen bearbeitet haben wie Figuren im Gamedesign, Comic im Gamedesign etc.*

Die meisten Ausstellungen heute versuchen irgendwie die Leute zu überzeugen, dass die Games schon wichtig und richtig sind. Sie zeigen darum auch immer den schönen Kern der Gameszene ohne tiefer zu gehen, ohne die Ränder zu zeigen. Und die Ränder sind interessante Spiele, Experimente und etwa Artgames oder GameArt. Als Besucher* hat man dann auch öfter die Beschreibung an einer „Hipsterveranstaltung“ zu sein – alles ist schön so ohne Kanten. Dabei hat die meist unbahängige Gameindustrie in den letzten Jahren eine wuchendere Welt enstehen lassen, die Regeln verhandelt (sogar im IndieMainstream wie Baby is you), neue Konzepte hervorgebracht, Autorenkonzepte (etwa Mundaun) verhandelt. Diese Art der interessanten Ränder findet momentan nicht statt. Selbst die GameArt-Szene ist inzwischen in eine visuologische Starre verfallen. Gefallen scheint die entdifferenzierende Idee zu finden – das Schöne und Gute statt wenigstens teilweise Dekonstruktion und Ermächtigung der Spielenden. Die Wertesysteme dazu sind bürgerlich.

Zu den Rändern und dem Kern gehört aber auch die Brutalität hinter der Obefläche, die Produktion, die teilweise radikale Ausbeutung, die Darkpatterns. Der Fakt, dass das Gamedesign, eine der letzt entstandenen Industrien ist, meint auch dass sie gut darin ist, die Oberfläche zu polishen. Und die Oberflächen sind hübsch. Sie sind mehrheitlich digitaler Biedermeier (mit entsprechender bürgerlicher Spielmechanik: Arbeit und Fleiss), etwas was nicht nur gezeigt sondern auch thematisiert gehört, weil dahinter auch eine gesellschaftliche Funktion der Games liegt: Sie ist heute Teil des Dispositivs der Macht, dass alles schon gut ist in der Gesellschaft des Spektakels. Und Games sind Spektakel und bewusste Fake Kultur. Und so sind sie auch die meisten Games: Es geht um bürgerliches Arbeiten (Fleiss, Anstrengung) belohnt mit schöner Oberfläche und Narration. Da ist weit mehr drin und das muss Gesellschaft auch so formulieren. Nett ist eben als Anspruch nicht genug und verdeckt die Probleme.

Dazu passt dann auch folgerichtig, dass an der Oberfläche mehrheitlich auch kein Code (Spielmechanik, Programmiercode) zu sehen ist, kein Prozess. Das Funktionieren ist gegeben und das Dahinter stört, ist nicht erwünscht, es ist störend. Damit vollziehen diese Ausstellungen einen Trend in der Gesellschaft: Das Dahinter, die Theorie, die Mechanik interessiert niemanden mehr – ganz im Gegensatz zur Gamekunst der 90er Jahre. Mehr Code bitte! Diese Einstellung des Anti-Theoretischen hat sich schon immer gerächt. Auch eine Folge des Glaubens an den Markt als besten Algorithmus.

Weiterentwicklung und Forderung: Games müssen in die Archive/Sammlungen. Die Entdifferenzierung des „Games“ muss beendet werden gerade in Gameausstellungen. Darstellung der Ränder (auch visuelle) und Differenzierung verschiedenster Gametypen. Weg von der Gegenaufklärung mit Bildern hin zur Aufklärung und Dekonstruktion mit Offenlegung von Regeln, Mechaniken. Zu diesen Offenlegungen gehört auch das klare Ausweisen der Produktionsbedingen und Kosten. Wieviel kostet das Spiel? Wieviele haben dabei mitgearbeitet? Anders entsteht die Idee von der schönen neuen hippster Welt der Games ohne Konsequenzen. Die Frage muss gestellt werden, welche Spiele stellt man aus. Sind sie ökologisch und gesellschaftlich akzeptable produziert worden? Forderungen etwa nach Nachhaltigkeits-Labels etc.

* Und selbstverständlich gibt es spätestens seit 2008 eine Tradition von Ausstellungen, die als embedded Ausstellungen Themen bearbeitet haben in Sachen Games wie Fantoche 2008+ (Playground, Japanische Spiele, Schweizer Spiele), Basler Figurenfestivals (Figuren im Gamedesign) oder Ausstellungen während des GameZFestival (Themen) oder des Ludicious (Aktuelles Gameschaffen) oder Fumetto (Comic und Game) und vieles mehr. Hier sind nur Ausstellungen aufgeführt deren Hauptinhalt Games waren. Selbstverständlich kamen Games immer wieder vor in Ausstellungen, das Problem hierbei: Sie sind dann nur Medien für ein anderes Thema.

Museen und Sammlungen/Archive

Museen haben schon seit längerem entdeckt, dass so „Games“ eine gute Sache sind und sich perfekt ‚missbrauchen‘ lassen, um ihren Content unter die Leute zu bringen. Damit gehen sie aber auch konsequent dem konkreten Thema aus dem Weg, sich direkt um Games zu kümmern (Ob sie ihre eigenen Spiele sammeln?).

Es gibt auch bis heute keinen Ausstellungsraum für Games oder auch nur ein Raum, wo die Kultur- und Vernetzungsorte der 80/90er Jahre wie Spielhallen vermittelt oder besucht werden könnten. Der letzte Ort, der das am Rande verhandelt hatte, war das MUDA . Es wurde durch mangelende Unterstützung letztlich von der Migros und Stadt Zürich (?) „abgeschossen“. In Basel gibt es noch das HEK, dessen Fokus eher ebenfalls Medienkunst ist. Dagegen gibt es in Berlin seit Uhrzeiten das Computerspielmuseum. Und die Schweiz hat allein in den 80er/90er Jahren einen Haufen eigener Spiele hervorgebracht, wie gerade ein schweizweites SNF-Forschungsprojekt erforscht. Auch hier sind wieder Private wie etwa das Gameorama in Luzern in die Bresche gesprungen, die natürlich einen ganz anderen Ansatz und Interessen verfolgen.

In Sachen öffentlicher Sammlungen sieht es noch bitterer aus. Hier handelt sich vorallem um private Sammlungen, die vor sich hinvegetieren. Weit und breit keine öffentliche Bereitschaft endlich sowohl Computer wie auch Games zu sammeln (von Software ganz zu schweigen). Die Museen werden zwar langsam von aussen gezwungen sich damit auseinanderzusetzen, sind aber weit (10 Jahre?) davon entfernt (personell wie auch inhaltlich) sich mit dem Thema zu beschäftigen. Immerhin denkt man wiederum in der Romandie darüber nach und es gibt Pläne. Und die Deutschschweiz? Wartet man hier auf den Markt oder wartet man darauf wie immer abgehängt zu werden?

Auch im Kunstbereich scheinen sich die Institutionen eher für Medienkunst (auch mit Jahrzehnten Verspätung) zu interessieren, als für ArtGames/GameArt, was auch wiederum klar ist – es ist vermutlich ein doppeltest Verbrechen Kunst mit Medien und noch mit Games zu machen.

Weiterentwicklung und Forderungen: Die Sammlung des Kulturgutes Games gehört angegangen und zwar nicht als Nebenprojekt unter xyz sondern als ein Teilprojekt wie Film, Plakate, Stühle, Schriften etc. Dazu gehört sowohl die allgemeine Kultur wie auch und das besonders das heimische Schaffen. So braucht es konsequent, wie etwa in Frankreich ein Archiv, das alle neuen Spiele aufnimmt bzw. wo Kulturschaffende ihre Games hingeben können. Es braucht auch Projekthunting, um die Projekte überhaupt zu finden. Vielleicht sollte die Schweiz langsam auch damit anfangen, BottomUp-Initiativen zu unterstützen, statt einfach nichts zu tun. Darüber hinaus braucht es einen Raum für Game und Gamekultur.

Festivals

Festivals spielen eigentlich eine wichtige Rolle in Sachen Netzwerken, Treffen, Community und auch das Endkundentesten von Spielen. Die Situation ist in dieser Hinsicht zumindest in ZH nicht besser geworden. Heute existieren nur noch die Endkundenevents Popcon in Zürich (und das Herofest in Bern, die Fantasy in Basel). Diese bewirtschaften Gamekultur (etwa die Cozplayszene) und auch Games. Diese werden als Repräsentations- wie auch Testzwecken für Schweizer Devs genutzt. Allerdings sind die Events sehr monitär getrieben, was positiv wie auch negativ ist. Davor gab es das gameZfestival.ch, das sich an Gamedesigner* und Interessierte gerichtet hat (2013-2018 – die Fachkonferenz gamezandrulez.ch existiert weiter) , sowie das Ludicious (2014-2020?) Ausrichtung eher wirtschaftlich.

Seit 2023 ist wiederum die Gamesweek am Start organisiert von der SGDA, dieses richtet sich zumindest bisher eher an eine eingeweihte Gruppe, erfüllt aber durchaus die Funktion der Diskussion, des Netzwerkens und Comunitytreffs innerhalb der sehr breiten Szene.

Für ein grösseres Festival mit breiterer Strahlkraft scheint der Kanton und die Stadt Zürich weder Geld noch Ideen zu haben. Würde man das Argument von der Umsatzgrösse ernst nehmen, müsste in ZH schon lange ein Festival in der Art des ZFF stehen. Das symbolische Prestige und die Massentauglichkeit scheint noch nicht hoch genug zu sein.

Anders sieht die Situation kulturell weiter westlich in Bern und der Welschschweiz aus. In Bern gibt es das ‚PlayBern – Game und Kultur‘-Festival, das dezidiert einen Kulturanspruch hat und ein breites Angebot bietet und konsequent auch Themen behandelt, die nicht gerade ‚en vogue‘ sind. Auch dies ist eine BottomUp-Festival ohne die nötige Unterstützung.

In einer ganz anderen Grössenordnung spielt das „Numerik games“-Festival in Yverdon. Dies funktioniert als eine Art Fest mit allem drum und dran (wie dies andere Städte wie Wien etc seit gefühlten Jahrzehnten kennen). Das Festival macht den Eindruck einer lebenden Kultur. Hier zeigt sich, was auch in französisch beieinflussten Europa immer schon spürbar ist: Kultur ist wichtig (Wer verankerte das Spielen von heimischer Musik zuerst im Radioprogramm?), Games sind Teil der Kultur mit allen Facetten. Es ist ein Festival runds ums Game und die Gamekultur. Es schliesst dabei auch an das an, was mit dem Neuchatel International Film Festival NIFF in Neuchatel mit Fokus „Fantastischer Film!“ stattfindet. Film und sein Umfeld, zu dem auch lange Jahre ein Zukunftsforum mit Ausstellung existierte.

Die Deutschschweiz scheint hier weiterhin im Hintertreffen zu sein und nicht verstehen zu wollen, dass eben Games wie Tripple-A sie auch immer sein mögen, Teil der Kultur sind und auch eine jährliche Repräsentation haben müssen (Gibt es mehr Schweizer Gamedesign in Sachen Ideengeschichte als im Landwirtschaftssimulator?) . Aber vielleicht spielt hier einfach auch Zureich und es wird erst etwas passieren, wenn ein ganz grosser aus Steuergründen nach Zürich zieht oder dem Finanzsektor muss es erheblich schlechter gehen (Die CS hat ja hier einen ersten und ernsthaften Schritt unternommen). Oder es darf keine Raubkunst mehr ausgestellt werden Kunsthaus oder oder oder …

Weiterentwicklung und Forderung: Wieder ein mit Geld ausgestattetes Festival in Zürich fürs Gamedesign und Interessierte. Aufbau eines Festival, das von Leuten vor Ort gemacht wird und die Möglichkeit, dass die Organisatoren mit dem Festival wachsen und sich Skills aneignen und keine FlyIn von auswärtig Bekannten ohne Impact auf die Szene. Verständnis von einem Festival als Stadtfest (wie es einige europäische Städte betreiben).

Wirtschaft – mehr Geld als die anderen Entertainment-Industrien zusammen? Ein zweischneidige Sache

Da die Games so monitär erfolgreich sind (angeblich mehr Incomes als die Musik und die Filmindustrie zusammen), kommt niemand mehr an ihnen vorbei. Wir leben in der Schweiz nicht umsonst in einem Land mit einer sehr wirtschaftsliberalen „Kultur“. Dies führt aber auch zu einer teilweise berechtigten kulturellen Abwehrhaltung.

Dennoch taucht das Argument des ‚Umsatzes‘ immer wieder auf – auch schon genutzt vom Autoren dieses Blogeintrags. Es ist nicht nur wegen den oben erwähnten Reaktionen eine gefährliches Argument. Sondern auch, weil es entdifferenziert. Es wird so getan, als gäbe es die „Gameindustrie“ und als würden alle „etwas verdienen“. Das Feld ist in der Schweiz sehr gross, dies zeigt etwa auch die Liste der SGDA (Schweizer Game Dev Association).

Die Realität ist für die Hersteller von Games alles andere als gut. Es ist ein brutaler auch weltweiter Marktplatz ohne Gnade. Viel zu viele Hersteller liefern immer mehr Spiele (mit effektiven Budgets über 100k). Die Selbstausbeutung ist auch deswegen so hoch, weil die Leute ja ihr Hobby (Was nicht Gamedesign sondern eher Spielen ist) zum Beruf machen und das Spass mache. Eine irrsinnige Dynamik, da auch die Produktionskosten und Ansprüche steigen. Der* Spieler* ist dabei längst nicht mehr nur der liebe und nette (etwa mit Gamergate) User sondern auch das Biest und die Bestie, dass immer mehr für immer weniger will. Dies wurde ja inzwischen selbst von Tripple-A Studios bemängelt.

Das grosse Geschäft machen aber am Ende sehr Wenige. Hier ist die Gameindustrie da, wo auch die anderen Entertainementindustrien – letztlich eine (interaktive) Massenwareveranstaltung. Das ist die Kehrseite des Arguments, grösser als die anderen, aber nun eben auch gleich. Niemand erfindet mehr das eine Game und kann es schaffen. Die Utopie auch des Gamedesigns ist längst in der Aufmerksamkeitsöknomie ausgeträumt – wer die Aufmerksamkeitsökonomie nicht bedient existiert nicht im Bereich des weltweiten Marktes (Lokal und Nachfrage orientierte Firmen funktionieren anders). Und das findet seinen Niederschlag und seine Repräsentation in „humoristischen“ Serien wie Magic Quest oder „THE CONSULTANT“ oder in der irrwitzigen Idee Neo sei ein Game Designer im letzten (wiederum grausigen Fortsetzung) MATRIX Film (Das Marketing hat gleich die UnrealEngine und den Film zusammen gedacht). Alles Teil des grossen Bildes.

Die schönen Oberflächen von gerade Tripple-A-Games in grossen Firmen verdeckt krass die Art, wie diese Produktionen hergestellt werden. Vorne Highpoly (detaillierte 3D-Modelle) hinten Galeerenarbeit. Denn nichts anderes passiert in den Studios von Ubisoft beim Erstellen von ‚Assassins Creed in Griechenland‘ genannt Odysee und wo bleibt die Diskussion von Aneignung von Kultur in diesem Fall? Es glitzert und funkelt und dahinter wird geknechtet in Büros ohne Fenster.

Die heutige Gameindustrie (im Mainstream) ist eine Massenmedienveranstaltung, wie auch die anderen Entertainment-Medien. Daran müssen diese Medien auch gemessen und kritisiert werden. Wer dies nicht tut, verliert letztlich jede Glaubwürdigkeit. Und ja auch das ist Teil des Arguments, die grösste Entertainment-Branche zu sein.

Dies ist aber nur ein Teil des Segments Gamedesign, das auch Serious Games, Ausstellungspiele, Researchspiele, Gamificationen etc umfasst. Diese funktionieren meist eher Nachfrage orientiert. Sie sind dabei planbar, es ist aber nicht möglich damit wirklich viel wirtschaftlich rauszuholen.

Wirtschaftsförderung? Wo bist du nur?

Eine Wirtschaftsförderung, welche den Namen verdient, existiert in der Zürich bzw. der Schweiz de facto nicht. Die Schweizer Politik glaubt weiterhin daran, dass die tiefen Steuern schon reichen werden (vorher war es auch noch die indirekte Subventionierung Bankgeheimnis), damit sich Unternehmen (meist im Ausland gross geworden) sich hier dann niederlassen. Leider wird diese Art der ‚Förderung‘ (der Markt regelt alles) irgendwann auslaufen und die Schweiz muss anfangen Förderung von Sparten zu ermöglichen, wie das alle Länder, um die Schweiz herum auch tun. Selbst ein westschweizer Kanton hat nun damit angefangen. Konsequent hinkt damit die Schweiz in Sachen Förderung der Gameindustrie allen anderen Nachbarländern hinterher (Wobei hinken davon ausgeht, dass man sich irgendwie vorwärts bewegt, was nicht erkennbar ist). Auch unklar ist den meisten Beteiligten, dass es bei Games um Entertainment geht und nicht nur um eine technische Disziplin ist und wie teuer durchschnittliches Games ist (500k+) in der Produktion sind.

Die getarnte Wirtschaftsförderung der Schweiz Innosuisse (vormals KTI – Zusammenarbeit Hochschule und Privatunternehmen ) ist ebenfalls nicht eingerichtet auf Game/Gamedesign. Hier können zwar Game und eine Entwicklung eingegeben werden, es fehlt aber weiterhin jede eigene Kategorie. Auch hier gilt wiederum: Das GameDesign ist ein Enabler, soll helfen eine Idee weiterzubringen, das Game selbst ist aber als Wirtschaftsfaktor und Innovationspotential unbekannt. Soweit bekannt – wurde in der Schweiz noch nie ein Game wegen des Games gefördert und nicht, weil es noch xyz macht. Diese Förderung setzt auch das Vorhandensein eines schon grossen Geschäftspartners voraus. Institutionen die in der Schweiz im Bereich gar nicht im grossen Mass existieren. Und es scheint praktisch ausgeschlossen (und wird auch so geäussert in persönlichen Gesprächen), dass man Geld kriegen würde für die Entwicklung einer Spielmechanik etwa zum nächsten Twitter oder Pokemon-Go in Zusammenarbeit mit einer Hochschule. Ein Argument: da wären im besten Fall viel zu wenige Leute involviert, sprich es gäbe zu wenig Arbeitsplätze. So sieht Forfait auch aus.

Weiterentwicklung und Förderung: Endlich Fördergefässe mit eigenen Kategorien für Game/GameDev! Headhunting von Ideen und Personen (statt es nur den üblichen Verdächtigen zu überlassen) und deren gezielte Förderung. Aufschliessen zum Rest von Europa. Unterstützung der bestehenden BottomUp-Strukturen wie der GameHub. Mehr dazu in diesem BlogArtikel, der leider weiterhin aktuell ist.

Publisher/Labels

Weiterhin fehlen am Standort Zürich und Schweiz allgemein Publisher und Labels. Publisher sind wichtig, weil sie aus Ideen und Prototypen Produkte machen, Knowhow versammeln, grösse Produktionen ogranisieren können und dadurch längerfristig auch ein Ökosystem von ‚Zulieferen‘ entsteht. Dies erlaubt es kleineren Studios erste Erfahrungen zu sammeln. Der letzte Publisher (soweit bekannt) ibex-games gab aus verschiedenen Gründen 2018 auf. Gründe waren etwa Geldbeschaffung, die Idee, dass man es ohne Publisher schaffen könne.

Update: Strayfawn steigt ins Publisherbusiness ein.

Weiterentwicklung und Förderung: Institutionelle Unterstützung und Finanzierung von Publishern bzw. eine gezielte Ansiedelung eines Publishers oder einer Zweigstelle in Zürich. Auch hier sollte die lokale Szene gestärkt und darauf aufgebaut werden.

Studios & Businessmodelle

Die Art der Studios im rein wirtschaftlichen Bereich hat sich weiter verbreitert und es stehen ganz verschiedene Arten von Businessmodellen am Start. Diese zeigen auch, was möglich ist in Zürich. Angefangen bei Tripple-A Studios wie Giants (Landwirtschaftssimulator – eigene IP, Produktion, Vertriebswege, soweit bekannt eigenfinanziert, teilausgesourcte Entwicklung), Strayfawn (Eigene IPs, eigenfinanziert), über Fremdfinanzierte Studios wie Okomotive (Far:Lone sails), gemischtausgerichtete Firmen wie BlindFlug Studios (Eigene, fremde IPs), Unrailed (Eigene IP), kleineren Studios bis zu rein nachfrageorientierte Unternehmen.

All diese Unternehmen zeigen mit ihrem Bestehen, dass es durchaus möglich ist am Standort Zürich mit seinen hohen Löhnen zu bestehen. Dabei lagern einige – wie andere Branchen auch – ihre Produktionen aus der punkten mit eigenen Konzepten und Möglichkeiten.

Weiterentwicklung und Forderung: Allgemeine Wirtschaftsförderung, Unterstützung von Initiativen, die BottomUp-Approaches für Ökosystem unterstützen wie etwa den SwissGameHub. Wissendissimination am Werkplatz Zürich, wie wichtig Netzwereffekte sind und wie etwa im Silicon valley eine Industrie sich diversifiziert und wiederum in andere neue Firmen investiert.

Interessante Projekte & Produkte

Die Schweiz bietet einen Haufen an interessanten Projekten – seien es private Initiativen oder auch allein der Output der verschiedenen Hochschulen an Modulprojekten oder Abschlussprojekten. Ganz zu schweigen vom Serious Games Bereich. Viele der Projekte kommen aber nie über den Status eine Prototypen hinaus. Sie werden also keine Produkte. Und genau hier muss eine Förderung ansetzen bzw. genau hier benötigt es einen lokalen Publisher.

Weiterentwicklung und Forderung: Eigenen Schweizer Publisher (vgl. Filmvertriebe etc), Wirtschaftliches Headhunting von Projekten und anschliessende Aufbauprogramme. Eingehende Forschung zur Frage, wie können aus guten Prototypen langfristige Geschäftsideen entstehen.

Game-Technologien & Tools

Technologisch war es noch nie so einfach Games zu machen wie heute. Vorbei sind die Zeiten als Einzelteam ihre eigenen Engine schrieben (Einige Studios sind aber auch weiterhin mit eigenen Engines erfolgreich unterwegs wie etwa Giants). Multiplatform GameEngines ermöglichen das Kreieren von Games und das Deployen auf verschiedensten Plattformen ohne Neuprogrammierung. Visuelle Programmierumgebungen haben die Möglichkeiten erweitert einzusteigen und Dinge einfacher zu erledigen. Assetsstores haben die Welt revolutioniert, weil sie schon fertige Templates liefern für diverse Genres und auch Assets (Grafiken, 3D Modelle, Musik). Auch hier sind einige Schweizer Firmen als Zulieferer tätig. Mit Stackoverflow stehen ganze Bibliotheken von möglichen Lösungen parat. Und mit automatisierten Tools wie ChatGPT stehen auch neue Möglichkeiten längerfristig offen für völlige Newbies. Prinzipiell ist all dieses Knowhow in der Schweiz vorhanden. Selbstverständlich macht dies in erster Linie die Reproduktion von existierenden Spielen einfacher und hebt das Gamedesign eher auf eine ‚Kuratorenrolle‘.

Ein Bottleneck besteht weiterhin oder trotz allem im Bereich Programmierung, Leveldesignern, Producing, Finanzierung und Promotion.

ABER: Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Es ist umso schwieriger geworden, genau das zu machen, was man möchte – also eine Vision, die man* hat, denn die Tools geben einfach vieles vor und alles, was jenseits dieses Mainstreams liegt wird im Vergleich schwieriger. Zudem steigen damit natürlich auch die Anforderungen ins Unermessliche. Gerade der Aufwand von Figuren, Welten in 3D sind inzwischen ein unersättliches Monster – dem eigentlich nur mit Kreativität beizukommen ist.

Oder anders gesagt: Fast niemand schafft es mehr, alleine eine Spiel zu machen und dieses auch noch irgendwie erfolgreich zu vermarkten und zu verkaufen.

Weiterentwicklung und Forderung: Forschung am Platz Zürich zu Gametechnologien ähnlich wie das heute in Sachen Animation und Effekte geschieht (Disney) oder bei Meta occulus etc. Nutzung von Quersubventionierungen, wie dies etwa in den USA Gang und Gäbe ist.

Hochschulen & Ausbildung

Die Hochschulen sind inzwischen breit aufgestellt mit Bildungsangeboten im Raum Zürich. ZHDK (Bachelor, Master), SAE (Bachelor, privat), ETH (Module), ZHAW (Modul). Viele Themen des Gamedesigns/Gaming fliessen seit Jahren langsam in verschiedenste andere Studiengänge und Weiterbildungen ein. Es werden im grossen und ganzen wohl so um die 70 Personen im Bereich oder mit Knowhow fürs Design ausgebildet.

Auf Hochschulebene wird eigentlich gut zusammengearbeitet. Probleme tauchen da auf, wo es darum geht, dass Games nur Lieferanten sein sollen, sei es für Technologie oder Gametechnologien. Hier wird bald klar, dass es des öftern nicht um Games und ihren Hintergrund geht, sondern lediglich um die Nutzung eines Frameworks. Es bleibt zu hoffen – allerdings wird das nicht realistisch so sein – dass die Games auch wegen ihres genuinen Themas wichtig sein sollten.

Problem Braindrain: Ein wichtige Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass viele vorallem Informatiker* gerade nicht im Gamebereich landen, sondern etwas anderes machen. Dabei scheint es unter anderem ein Problem zu sein, dass Informatiker* sehr gut in klassischem Schweizer Business wie Banken, Versicherungen, Google, Meta (Oculus) und Co unterkommen. Ein weiteres Problem ist, dass Gametechnologien auch in anderen Bereichen massiv nachgefragt werden. Ein Blick etwa auf GameEngine-Webseiten zeigt: Es geht da um Film, Architektur und Autos. All das sind teilweise besser bezahlte Jobs, die eigentlich dann im GameDesign fehlen.

Weiterentwicklung und Forderung: Vermehrte Zusammenarbeit, vermehrte gemeinsame Module. Diese Module entstehen aber auch nicht auf der grünen Wiese sondern müssen gefordert und gefördert werden. Möglich wären auch Fokusprogramme.

Hochschulen & Forschung

Die verschiedenen Hochschulen betreiben je ihre eigene Forschung. Dabei ist die Forschung oft zersplittert und nicht gebündelt. Einzig die ETH bündelt ihre Forschung im GameTechnologyCenter. Bei der Universität Zürich fehlt eine Institutionalisierung oder ein Kompetenzcenter etwa im Bereich Entwicklung oder den Gamestudies. Die ZHDK konnte sich bis heute auch nicht dazu durchringen etwa ein GameKreativCenter ins Leben zu rufen. Diese Institutionen wären aber eine Voraussetzung für eine noch höher integrierte Zusammenarbeit am Forschungsplatz Zürich. Die DIZH könnte dazu eigentlich eine Initiative sein – allerdings steht hier die Digitalisierung erst an. Games sind ja bekanntlich seit nun über 45 Jahren digital.

Weiterentwicklung und Forderungen: Weitere Forschungszentren innerhalb der ZHDK, der Universtität Zürich, sowie der ZHAW. Dazu längerfristig ein grösseres Kompetenzzentrum (NCCR), das alle Institutionen umfasst und damit Anwendung, Forschung, Gamedesign zusammenbringt und das Potential von Games nutzt, damit Games nicht nur anderen Nutzen bringt, sondern auch im Kern weitergebracht werden kann.

Kulturförderung

Angestossen wurde die Kulturförderung von ProHelvetia 2010-2012. Danach folgten diverse Initiativen in ähnlichen Bereichen von ProHelvetia. Die Förderung betraf/betrifft den Zugang zu Festivals und Konferenzen. Zudem wurde die Gesellschaft mittels Ausstellungen/Konferenzen sensibilisiert. Daneben gab es immer eine Förderung über Wettbewerbe. Die ausgeschütteten Beträge waren aber im Vergleich zu den tatsächlichen Bedürfnissen eher bescheiden (10-50k).

Dieses Programm war und ist recht erfolgreich und bringt der Schweizer Game Design Szene eigentlich viel. Allerdings war auch nie ganz klar, was nun die Absicht dieser Programme war (aber vielleicht war das auch bewusst so designed): War es eine verkappte Wirtschaftsförderung oder doch eine klare Kulturförderung und wie grenzte es sich gegen die nicht existierende Kunstförderung ab (Dafür wäre das BAK eigentlich zuständig). Leider hat das Programm auch entdifferenzierend gewirkt mit dem Slogan vom „Game zur Kunst“. Wobei völlig klar ist, dass nur ein kleiner Bruchteil der Spiele Kunst sind (Der Claim müsste eigentlich heissen: „Von Games zur Kultur“). Ein Nachteil dieses – medial erfolgreichen – Projektes ist allerdings auch, dass bis heute der Eindruck besteht, dass die Schweiz doch etwas Substantielles tue, für das Gamedesign. Was zwar für die Kultur für die Schweiz stimmt, aber international letztlich nicht viel ist (vgl. allein Deutschland oder in der Schweiz den Film).

Ein weiteres Förderungsproblem: Ein Teil der Gamedesign-Szene hat bis heute den Unterschied zwischen Wirtschafts-, Kultur- und Kunstförderung nicht begriffen und ist teilweise nicht in der Lage klar zu benennen, was es eigentlich braucht. Selbstverständlich sträubt sich die Politik auch weitgehend, die wichtigsten Schritte zu tun. Und damit verliert man wiederum wichtige Jahre und Jahrzehnte.

Im Moment fängt die Förderungszene an sich Gedanken zu machen, wie sie die Gameskultur und das Gamedesign zu fördern. Dabei lässt sich wiederum eine gewisse kulturelle Undifferenziertheit erkennen.

Weiterentwicklung/Forderung: Endlich ein angemessenes Budget für die Förderung des Gamedesigns (gleich wie die Förderung des Filmes 7 +Mio pro Jahr). Weiter- und Ausbildung von geeignetem Personal in Förderinstitutionen. Eigene Kategorien für Games mit Differenzierungen: Tripple-A, Indie, Autorengames, Themengames. Eine Quote für Experimente: 30% etc. Die Gamedesignszene muss hart auftreten und fordern, anders passiert rein gar nichts. Förderung der Gamekultur auch im Alltag.

Kunstförderung. Wo?

Eine Förderung für Gamekunst fehlt in der Schweiz – soweit bekannt – vollständig. Hier scheint noch nicht mal erkannt worden zu sein, worin das Potential besteht. Das Kunstsystem hängt anscheinend weiterhin der gepflegten Idee nach, dass Kunst keinen Spass machen dürfe und Games sowieso nichts Ernsthaftes sei. Dabei hatte die Schweiz einige Interessante Personen im erweiterten und eingeschränkten Bereich der ArtGames und GameArtisten. Dies muss allerdings mehrheitlich noch ‚entdeckt/erforscht‘ werden. Alexander Hahn etwa schickte schon 1983 eine spielbare Figur auf dem ZX81 durch die Gegend vor einer Stadt – vorbei an fliegenden Fischen. Eine Arbeit, die heute wieder hochaktuell wäre – passt sie doch oberflächlich perfekt ins Bild der Visuologen und ihrem Bilder der schönen Games. Die Arbeit ist aber auf der anderen Seite visionärer und künstlerischer als die meisten heute hergestellten Games in der Schweiz (Sie hat auch ein anderes Publikum).

Oder konkreter: Die nicht geschaffene Differenzierung, Kategorienbildung oder Förderung hat bis heute verheerende Nachwirkungen. Und so haben namhafte Schweizer und Expad-GameArtist* in der Zwischenzeit längst das Land oder das Feld verlassen.

Weiterentwicklung und Förderung: Eigene Kategorien für Autorenspielen/ArtGames/GameArt. Einstellung von Personal mit Knowhow und Fachkenntnissen. Aufarbeitung der Vergangenheit. Headhunting von Ideen, Projekten und Personen.

Ausblick

Die Aussichten und die Realtität des Schweizer Gamedesigns ist nicht rosig oder zumindest nicht so hoffnungsvoll wie auch schon. Zwar existiert eine Szene, die auch überleben kann aber es fehlt ein funktionierendes Ökosystem.

Die (Deutsch-)Schweiz scheint Spiele und Games nicht als Kulturgut anerkennen zu wollen und einige Teilsystem weigern sich standhaft, sich damit auseinanderzusetzen. Die Unterstützung fehlt fast überall, das Verständnis für fundamentale Funktionen ist immer noch nicht vorhanden.

Die Schweiz scheint einmal mehr eine Entwicklung zu verpassen bzw. die Chance bewusst verstreichen zu lassen (wie in den 80er Jahren mit ihrer eigentlich grossen GameDev-Scene von über 20 publizierten Spiele). Die Gründe liegen dabei tief vom Glauben an den „Allmächtigen Markt“ (Was allerdings eine Illusion ist, da die grossen Entwicklungszentren immer schon quer finanziert wurden am Anfang wie das SillicionValley bis hin zu den Tiefsteuern in Kanada für die Gameindustrie), über den Braindrain in Richtung Banken, fehlender Unterstützung bis hin zu fehlender Differenzierung des Begriffs Games und des kulturellen Verständnis von Game als Allgemeinkultur.

Auf der anderen Seite gibt trotz dieses schwierigen Umfeldes immer Menschen und Firmen, die erfolgreich auf Deck sind und ihre Business betreiben. Meine Hochachtung für alle diese.

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