Es steht wieder die Frage an, wie es mit der Förderung der Schweizer Game(Design)Szene weitergehen soll. Was sind geeignete Massnahmen, wohin könnte es gehen?
Dazu gibt es folgenden ausgearbeiteten Vorschlag von Blindflug und Umfeld im Bereich Wirtschaftsförderung:
Dieser wurde auch diskutiert am Fantoche 2021 im Rahmen eines Panels.
Schweiz – ein neues Modell (Industrien) gesucht
Die Schweiz besitzt bekanntlich fast keine Wirtschaftsförderung. Es gibt typisch schweizerische Instrumente etwa die, die Forschung und Privatunternehmen an einen Tisch bringen wie etwa die Innosuisse. Daneben exisitiert eigentlich keine Wirtschaftsförderung – schon gar keine wirtschaftliche Branchenförderung. Wobei ganz stimmt das natürlich nicht, denn immerhin gibt/gab es indirekte Wirtschaftsförderung durch die Möglichkeit von Tiefststeuern oder dann auch ‚Steuervermeidungsstrategien‘ seit Jahrzehnten, was letztlich nichts anderes ist als Subventionen. Da vom Zweiteren vor allem die Banken- und Treuerhänderin*dustrie profitierte, kann man durchaus davon sprechen, dass es Branchenförderung gab – Branchen-Giesskannenprinzip.
All diese Modelle laufen langsam aus bzw. werden massiv erschwert (Versteuerung im Land des Umsatzes, weltweiter Mindeststeuersatz, Ende Bankgeheimnis), das heisst, längerfristig wird die Schweiz mit ihrem Modell „Absahnen“ nicht mehr davonkommen (Outsourcen der Entwicklungs-/Aufbaukosten: Im Ausland aufgebaute Firmen ziehen in die Schweiz, weil sie hier wenig Steuern zahlen, Schweiz verliert zusätzlich zu Zugang zu Horizon ). Die Schweiz wird wohl oder übel nun auch selbst aufbauen müssen und das geht dann nicht einfach mit ‚Lassen wir den Markt mal machen‘. Etwas was irgendwann sogar der ‚liberale‘ Teil der Fdp verstehen wird.
Games / Gamedesign als mögliches Standbein
Eine dieser Industrien ist selbstverständlich auch die Gameindustrie. Ein Bereich der irgendwo zwischen Technologie und Entertainment anzusiedeln ist und dessen Produkte gerade deswegen teuerer sind als sie scheinen. Anders als die andere Entertainment-Branchen kommt die Gamedesign-Branche der Schweizer Mentalität entgegen – man/frau muss nicht als grosser Zampelmann/frau dastehen sondern die Software tut das alles interaktiv ganz selbst. Entsprechend gibt es auch diverse Erfolge aus der Schweiz heraus.
Investionen in CH in Gamedesign (aktuell)
Die Investionen in Sachen Gamedesign sind im Moment ausser im Bereich Ausbildung GameDesignAusbildung an der ZHDK, SAE (Zürich/Genf), ein Teil der Ideation Ausbildung an der HSLU und diverser Kurse/Modle an ETH, ZHAW eher spärlich. Nichts desto trotz gibt es an Hochschulen auch diverse Gamelabs etwa an der ETH ein GameTechnology-Lab, ZHDK oder an der UNIL/EPFL.
Die ProHelvetia betreibt im Kultursegment seit Jahren ein Programm zur Promotion von Games/Begleitung und Beratung und bietet darüber hinaus im Bereich 300k Direktinvestment an. Mit dabei eine Mischung aus kulturellen und doch teilweise erfolgreichen Spielen.
Förderinstrumente wie etwa Innosuisse (ehemelas KTI) versagen jedoch weitgehend, zum einen gibt es keine Gefässe explizit für Gameeingaben (Wo ist genau die Rubrik Game?) und zum anderen fehlt das Verständnis für Games oder auch nur für den Aufbau von Games komplett. „Gamemechanik was ist das?“ Es gibt dann Sätze wie: „Ja sowas wie Twitter oder Facebook hätten wir nicht gefördert, das gibt zu wenig Arbeitsplätze.“ Und so werden nur Games beforscht und gefördert, die in einem anderen Bereich unterwegs sind, bei einem respektablen Thema.
Und sonst in der klassischen Wirtschaftsförderung? Sonst nicht viel – sieht man einmal vom Kanton Waadt ab, der ähnlich wie Deutschland und viele andere europäische Nationen jedoch im kleinen Stil Games fördert (siehe Dokument oben). In diesem Sinn fehlt der Schweiz weiterhin jede Art von Wirtschaftsförderung im Bereich Games.
In diesem Sinn hier nun einige Forderungen zusammengestellt für eine Wachstumsbranche mit Potential:
Forderungen:
> Direkte Wirtschaftsförderung für Games (und weiter Branche) zukünftig 4 Mio/Jahr
Direkte Wirtschaftsförderung: Investionen wie im oben vorgeschlagen (siehe Grafik unter diesem Paragraphen) und zwar mit einem angemessenen Beitrag. Wir sprechen hier von Millionen pro Jahr. Die Entwicklung eines durchschnittlichen Games kostet schnell über 500k bis 1 mio und ist keineswegs zu vergleichen mit der Entwicklung einer Anwendersoftware, die letztlich weder multimedial ist, noch (in den meisten Fällen) Spass machen soll von ansprechendem Aussehen ganz zu schweigen. Ob diese Förderung über ein Investitionsgefäss oder direkt läuft ist wie immer schweizerisch = politisch zu lösen.
>Indirekte Wirtschaftsförderung: Unterstützung von InnovationHubs für die Gameindustrie
Finanzielle Unterstützung der schon exisitierenden Innvationshubs im Gamebereich etwa dem Swiss Game Hub. Diese Projekte existieren, fördern Vernetzung und eine Szene und sind durch Eigeninitiative zu Stande gekommen.
>Indirekte Wirtschaftsförderung: Aufbau eines Publishers
Aufbau eines Publishers, der schweizerisch tätig ist und sowohl Anlaufstelle, Knowhow-Base. Ausrichtung muss jedoch klar finanziell sein. Das Ziel muss es sein erfolgreiche Schweizer bzw. Unternehmen mit schweizer Beteiligung zu etablieren. Nur so entsteht längerfristig ein Dev-Biotop, wo auch kleinere Firmen wiederum Zulieferer werden können.
>Indirekte Wirtschaftsförderung: Festival für GameDesigner*
Aufbau eines neuen Festivals für GameDesigner* oder eines Teilbereichs in einem grossen Consumer-Festival als Anlauf und Präsentationsstelle für Schweizer Games.
>Indirekte Wirtschaftsförderung: Forschung und Wirtschaft – Innosuisse
Eigene Gefässe (gleichberechtigt zu anderen Bereichen) bei Innosuisse für Games. Technologie und Gamemechaniken sind ein Keyfaktor. Aufbau von Knowhow zu Games in Institutionen wie Innosuisse.
>Forschung: SNF
Anerkennung von Games, Gamedesign mit allen seinen Facetten als Forschungsgegenstand bis hin zur Entwicklung neuer Gamemechaniken
>Forschung: Universitäten
Einführung eines Gamewissenschaftinstitut ähnlich wie das Filmwissenschaftsinstitut an der Universität Zürich bzw. an Fachhochschulen etwa über das DIZH.
>Forschung: Unterstützung von Labs im Bereich Games
Die schon existierenden Gamelabs müssen weiterhin ausgebaut werden.
>Kultur: ProHelvetia
Einführung bzw Wiederbelebung eines Programmes nur für Games und Gamedesign.
>Kunst: Bundesamt für Kultur
Einführung einer Kategorie für Games bei den Eingaben! Gleichbehandlung von Games als Kunstform!
Einführung eines eigenen Förderprogrammes für GameKunst/ArtGames/GameArt und Autorengames.
Keine Wahl
Das es in der Schweiz noch nichts Utopischeres gibt als eine „branchengerechte Wirtschafts-, Kultur- und Kunstförderung“ ist auch dem Autor klar. Allerdings arbeitet die Zeit dafür!Die politische Schweiz wird lernen müssen, dass es ein Weiter-wie-bisher immer weniger geben wird, denn das klassische Modell der Schweiz endet Stück für Stück. Zeit endlich nach vorne zu blicken.