Defiktionalisierungen

Immer wieder geht es um die Frage – und Games sind ein wichtiges Werkzeug – der Defiktionalisierung. Also die Frage wie Dinge, die fiktional sind im Sinne von Konzept, Vorstellung (Texte, ScienceFiction, Theorie), (analog) realisiert/funktional gemacht werden können. Ein älterer und Erfolgreicher Ansatz war dabei die Programmierung von ganzen Gruppen etwa durch Massenmedien angefangen beim Buchdruck. Gute Beispiele sind hier etwa die Defiktionalisierung von Ideologien und Modellvorstellungen. So kann dann aus der Theorie etwa des Neoliberalismus tatsächlich eine Welt des Neoliberalismus entstehen. Worauf diese Theorien dann wiederum kybernetisch rückwirkend behaupten, etwa: es sei immer schon eine neoliberale Welt gewesen, um hier nur ein schlagendes Beispiel zu nennen. Don Quixote in Reinkultur.

Defiktionalisierung des Menschen selbst

Eine der gewagtesten Defiktionalisierungen ist letztlich eine Folge der Standardisierung des Menschen zum Lesenden und Schreibenden: die Universalmaschine. Turing entwickelte daraus die Universalmaschine, jene Idee vom einfach rechnenden Buchhalter mit Papier und Bleistift. Der heutige Computer malt ganze 3D-Welten und simuliert sogar neuronale Netze. Eine Entwicklung die begleitet war bis Anfang 2000 mit massiver Gegenwehr gegen diese neue Technologie vor allem in Europa. Defiktionalisierungen zerstören wie alle Änderungen auch bestehende Systeme und damit hergehende Werte und Machtkonstruktionen. Erst wenn die alten Machthaber sich mit den Auf- und Umsteigern arrangiert haben, kommt es zu einer Integration.

Hyperlinks als die defiktionalisierten Fussnoten für jeden

In der neueren Zeit sind aber neue Defiktionalisierung (eigentlich Folgen der Defiktionalisierung des Menschen) im Alltag viel einflussreicher geworden angefangen beim Medium, das die Massenmedien erweitert – dem WWW. Die Fussnoten der Gutenberggalaxies-Bücher werden zu Hyperlinks und sind nun viel einfacher zugänglich, grenzenloser. Dadurch entfällt dann selbstverständlich auch das Konzept der Welt zwischen zwei Buchdeckeln, die clever geschaffenen Fiktion eines Zusammenhalts / System zwischen zwei Buchdeckeln. Surfen zwischen Büchern ist auch eine physische Anstrengung. Und wir sind positiv gesprochen immer näher an dem wie unser Gehirn vielleicht funktioniert, wobei unser Gehirn ja massiv versucht ein Ganzes zu konstruieren.

Die Digitalisierung als Ent-Analogisierung

Selbstverständlich funktionieren diese neuen ‚Medien‘ mit neuen Möglichkeiten, die früher nicht möglich waren – statt Post-its an einer Wand unter analogen Zwängen, wie Raum können nun 100te in einem Miro-Board PostIts anbringen und arbeiten. Hier nutzen die Medien die Entmaterialsisierung sowohl des Mediums wie auch der Handelnden. Die Medien laufen nun nicht mehr auf Menschen, sondern auf Menschen simulierenden Computern (TuringMaschine).

Die Defiktionalisierungen der SocialMedia

Was defiktionalisiert ein Grossteil der Social Media? Die These liegt nahe, dass viele der als SocialMedia bekannten neuen Medien nicht viel mehr sind, als Dinge, die es schon gab etwa soziale Techniken (von Menschen prozessierte Medien) nun als Software realisiert wurden. Oder anders gesagt, als ein geschlossenes Medium nutzbar werden. Manche würden sagen, dass nun alle damit ermächtigt werden, dass sich ihr Möglichkeitsraum (Agency) erweitert. Der Vorteil heute: die Rückkoppelungseffekte sind schon angelegt im Medium selbst, als Teil des Ganzen.

Games – die Defiktionalisierung von Regelwerken

Games sind seit ihren ersten Schritten als digitaler Playground mit elektronischen Regeln ausgestattet. In ihnen ist letztlich alles Regel- und Regelwerk – angefangen vom Raum bis hin zu NPCs und dem Möglichkeitsraum/Agency der Spieler. Sie sind damit defiktionalisierte Befreiungs- wie auch Einkerkerungsmaschine, sie sind Spiel mit Ideen und gleichzeitig ihre Kerkermeister. Aus diesem Grund gibt es auch die interessante These von P.M.Ong, dass Games letztlich die letzte und adaquäteste spielbare Philosophie der Welt ist. Hier werden einfache soziale Verhalten, Interaktionen simuliert, hier werden Ideen in Software-Regeln gegossen.

De-defiktionalisierungen

Interessant wird es, wenn Defiktionalisierungen wie etwa VR nochmals Defiktionalisiert werden, wenn also der eingeschränkte Cyberspace erneut analogisiert wird.

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