Besuch im UCLA Gamelab

Eddie Lee von Funktronic im UCLA Gamelab


Die Überraschung ist gross – oder auch gar nicht – im Gamelab an der UCLA sieht es gerade etwa so aus wie im Gamelab an der ZHDK. Das Lab ist in einem einzigen Raum angesiedelt mit diversen Arbeitsplätzen, viel Elektronik und sonst welchen Materialien. Selbstgemachte Arcade-Kästen und Cocktailtische von vergangenen Ausstellungen stehen in den Ecken und stecken unter den Tischen mangels Stauraum. Aus den Materialien eines Augmented Reailty Projektes ist ein grosses Mobile geworden, das als hängende Skulptur im Raum schwebt. Die Wand ist mit Postern von Veranstaltungen bis ganz nach oben beklebt. Man arbeitet hier meist ganz informell an eigenen Projekten, manchmal alleine, manchmal in kleinen Teams. Lohn gibt’s nicht ausser vielleicht ein minimales Stipendium. Die Preise fürs Wohnen in der Umgebung (Westwood) sind exorbitant. Die Finanzen des Labs sind sehr knapp. Unterstützung heisst hier: Man darf sämtliche Hard- und Software benutzen sowie die gesamte Infrastruktur der UCLA. Das Labor selbst wird von zwei Departementen unterstützt, gehört aber irgendwie nirgends wirklich dazu.
UCLA Game Lab ist ein Forschungslabor an der University of California in Los Angeles. Das Lab gehört sowohl zur School of the Arts and Architecture als auch zur School of Theater, Film and Television. Diese beiden Departemente sind im Nordteil des UCLA Campus angesiedelt. Das Gamelab selbst befindet sich im dritten Stock des Arts and Architecture Gebäudes und nimmt eine Fläche von ca. 60 m2. ein. Darin sind 15 Arbeitsplätze eingerichtet. Talks und Events finden normalerweise auch im gleichen Raum statt. Das UCLA Gamelab ist raum- und infrastrukturmässig sehr ähnlich eingerichtet wie das Gamelab an der ZHDK. Seine Fläche ist leicht grösser, es besitzt eine längsseitige Fensterfront sowie eine hohe Decke (ca. 4 Meter), die dem Raum zusammen einen grösseren und offeneren Eindruck verleihen.
Das Lab besteht seit 2011 und wird geleitet von Direktor Eddo Stern. Der gegenwärtige Gamelab Manager ist Tyler Stefanich. Er übernahm das Management von David Elliott in 2014. Stern ist in den Bereich Design Media der School of the Arts and Architecture eingegliedert und gibt dort als Dozent Kurse in Game Design und Physical Computing im Kontext der Kunst. Stern und Stefanich sind die einzigen beiden Leute im Gamelab, die eine bezahlte Anstellung an der UCLA haben. Alle restlichen Researcher sind Zugewandte, die teils mit kleinen Stipendien ans Gamelab kommen oder schlichtweg graduierte Studenten sind, die am Gamelab ihre eigenen Projekte weiter verfolgen oder entwickeln unter Verwendung der vom Gamelab bereit gestellten Infrastruktur (Hardware und Software, Zugang zu einer Werkstatt und Materialien). Als Artist in Residence war beispielsweise auch Lea Schönenfelder, Game Designerin und Animatorin aus Kassel, für 6 Monate im UCLA Gamelab und hat dort im Jahr 2012 mit Peter Lu (Programmierung) das Spiel Perfect Woman entwickelt. Als Neuerung hat man mit David O’Grady aus dem Departement Film and Television auch einen PhD Studenten ins Gamelab geholt, der dort seine Dissertation zur Nutzung von interaktiven Interfaces für experimentelle Spiele schreibt. O’Grady unterstützt Stefanich und Stern auch mit der Ausarbeitung von Stipendienanträgen bei verschiedensten kulturellen Organsiationen. Laut Stefanich und O’Grady ist der Erfolg bisher allerdings eher mässig, denn diese Organsiationen sind in den USA sehr konservativ ausgerichtet und nicht unbedingt game-freundlich eingestellt. In der Vergangenheit war es dem UCLA Gamelab nicht möglich, ein grösseres Stipendium oder Beiträge von nationalen Fonds zu erhalten. Für die Zukunft sind sie etwas optimistischer gestimmt, denn allmählich etabliert sich auch in einzelnen Stiftungen in den USA die Erkenntnis, dass Game Design ein wichtiger Teil der Innovationskultur ist.
Das UCLA Gamelab versteht sich in seinem Mission Statement als ein experimentelles Forschungs- und Entwicklungslabor, das die Produktion von Computerspielen und spielbezogener Forschung fördert. Das Labor unterstützt die Erforschung der Schwerpunktbereiche Game Ästhetik, Spiel Kontext und Spiel Genre: „Game Ästhetik“ durch Experimentieren mit Grafik, Sound, Sprache und Taktilität der Spiele. „Spiel Kontext“ über die Entwicklung von Spielen, die den Körper einbeziehen, via Suche nach neuen Schnittstellen und neuen Wegen, den physischen Raum zu integrieren. Und „Spiel Genre“ anhand einer Prüfung der sozio-historisch und politischen Diskurse rund um die Entwicklung neuer Spiele-Genres, die die gegenwärtig akzeptierten Grenzen von Spielen überschreiten.
Das Motto des UCLA Gamelab lautet:
„THE UCLA GAME LAB EMPHASIZES CONCEPTUAL RISK-TAKING AND THE DEVELOPMENT OF NEW MODES OF EXPRESSION AND FORM THROUGH GAMING.“
Das UCLA Game Lab setzt seinen Schwerpunkt auf experimentelles Design und versucht sich damit vom traditionellen Kontext der Spielentwicklung abzuheben. Dabei legt das Lab Gewicht darauf bei der Entwicklung konzeptionelle Risiken einzugehen und neue Ausdrucksformen zu entwickeln. In eigenen Worten unterstützt das Labor Projekte, die neue Paradigmen für Spiele etablieren, und die das Selbstvertrauen und den persönlichen Ausdruck des Game-Künstlers betonen. Grundsätzlich soll das Gamelab als Inkubationsraum dienen, in dem kleine Teams sich finden und neuartige interdisziplinäre Projekte miteinander angehen. Forschung und Produktion, Technologie und Expertise sollen so zusammenfinden und Neues produzieren.
Neben der Produktion von Spielen und der Forschung dient das Labor aber auch als Zentrum, das Veranstaltungen für die Öffentlichkeit anbietet und sich nicht vor kritischen Themen zu Videogames scheut. Das sind regelmässige öffentliche Vorträge von Artists in Residence und Alumnis, Workshops, Ausstellungen und ein jährliches Game Festival im nahen Hammer Museum. Die Talks selbst werden jeweils im Gamelab abgehalten. Das jährliche Festival wurde in den Jahren 2011, 2012 und 2013 durchgeführt. In 2014 legte man eine Pause ein. Das nächste Festival ist auf Ende Oktober 2015 geplant. Da das UCLA Gamelab wenig Mittel zur Durchführung von Veranstaltungen hat, ist es jeweils darauf angewiesen, dass das zur UCLA gehörende Hammer Museum seine Räume kostenlos zur Verfügung stellt. Dies funktioniert aber nur, wenn kein zahlender Kunde denselben Termin beansprucht.

Websites:
UCLA Gamelab: http://games.ucla.edu
Design Media Arts UCLA: http://dma.ucla.edu
Cinema and Media Stusies UCLA: http://www.tft.ucla.edu/programs/cinema-media-studies/
Direktor Eddo Sterns Gedanken zur kreativen Rennaissance der Spiele: http://games.ucla.edu/resources/mocatv-covers-game-lab-art-video-games-series/

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