Die schlimmsten weil alltäglichen Gamemechaniken sind real-soziale Gamemechaniken. Sie sind sozial integriert und werden durch Diskurse gesteuert, Anreize gestärkt und verfestigt. Es gibt handfeste Interessen für diese Mechaniken. Sie stützen in 99% aller Fälle die Herrschaft der Herrschenden und verhindern einen gesellschaftlichen Wandel oder konkreter gesagt: Die Flexibilität der Volkswirtschaft. Dabei sind soziale Gamemechaniken in der Mehrheit der Fälle gewollte und nicht etwa gottgegebene Mechaniken. Sie werden über Interessenvertreter gesetztlich verankert. Und sie sind eben so und nicht anders. Dabei kommen oft Argumentationen zum Einsatz wie „Ja das ist halt so“, „Die wollen das so“, „Das kann man nicht ändern“, „Da gibt es andere Wertvorstellungen“.
Maturaquote in Zürich – Ergebnis einer schädlichen Gamemechanik
Ein geradezu grauenhaftes Beispiel ist etwa die Verteilung der Maturaquote im Kanton Zürich. Siehe dazu folgende interaktive Visualisierung im Tagesanzeiger:
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Der-Gymigraben/story/15733906 >
Hier zeigt sich: Die reichsten Gemeinden verfügen über die höchsten Maturaquoten (siehe Gürtel um den Zürichsee) – die wiederum weit über dem Schweizer Mittel liegen. Wobei natürlich die Stadt Zürich dasselbe in klein ist: Aussershil etwa mit seinen Prozenten (11% ?) trägt Sorge, dass der Zürichberg (über 60% ?) haben kann. Oder um die These von Negri bildungstechnisch aufzunehmen: Die dritte Welt ist in jeder Stadt oder jedem Kanton implementiert worden. Die Armen sorgen für eine ausgeglichene Maturaquote.
Zürichs Bildungsgamemechanik – verzerrter Wettbwerb
Die Mechanik im Kanton Zürich ist dabei natürlich simple und pervers: Es gibt nicht etwa Quoten für jede Gemeinde (Dies würde ja zu einer Verteilung führen über den Kanton) und somit die Besten der Bevölkerung an die Universitäten bringen. Sondern es wird eine kantonsweite Prüfung genutzt zur Leistungserhebung. Diese eine Prüfung benachteiligt selbstverständlich die ärmeren Regionen und Bevölkerungsteile, da sehr viel Aufwand in die Maturavorbereitung gesteckt wird (finanziell und zeitlich). Diese Nachhilfe für Reiche verzerrt zudem massiv den Wettbwerb, da konkret zu schlechte Schüler die Matur machen (ihre Leistung ist real zu schlecht – zuviel Aufwand für wenig Ertrag). Dies führt dazu, dass die eigentlichen effizienteren zukünftigen Studenten gar keine Chance kriegen. Stattdessen besetzt eine durchgepeppelte Person den Platz und verhindert – letztlich soziale wie auch wirtschaftliche Innovation.
Berufsmatur – ein guter Weg aber eben kein Ersatz für Matura
Der häufigste Argumentation zu den hohen Maturaquoten: „Die Leute haben da andere Prioritäten auf dem Land, die machen lieber eine Lehre und dann eine Berufsmatur“. Natürlich wurde dies kulturell so zementiert und natürlich werden die Reicheren in der Gesellschaft alles tun, dass das so bleibt. Die Frage ist aber: Was macht die Gesellschaft, um einen fairen Wettwebwerb zu garantieren? Wo sind die Talentscouts, die für die besten Leute an den Universitäten sorgen. Die Möglichkeit via Berufslehre und anschliessender Berufsmatur darf dabei auch nicht als Argumentation gelten. Die Berufslehre führt zu einem anderen Bildungsweg (und sozialem Netzwerk) und wenn man die Beschwichtigungsargumentation „Berufsmatur und Fachhochschule ist ein Ersatz“ ernst nimmt, dann ist es einfach: Na dann sollen die Goldküstenkinder doch die Berufsmatur machen.
Wir wollen die besten und nicht die elterlich Subventioniertesten
Das perverse an der ganzen Sache: Es geht volkswirtschaftlich nicht mal um Gerechtigkeit (dies ist ein weiterer hier nicht diskutierter Punkt) sondern um die Flexibilität und Stabilität der Volkswirtschaft. Wir brauchen die besten Leute für die Jobs und nicht die elterlich und gesellschaftlich Subventioniertesten. Dieser einfache Zusammenhang sollte jedem Wirtschaftsliberalen klar sein. Aber es beschleicht einem immer öfter der Verdacht, dass Wirtschaftsliberalismus – entgegen seinen Denkern – nur zum Machterhalt genutzt wird.
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