Jürgen Fritz ist ein alter Bekannter in der Gameszene („Spiele verstehen“) – konkreter der „Spielszene“ (Er untersucht das Phänomen Spiel vom Volleyball bis hin zu Games). Anlässlich von „Spiel.Computer.Spiel“ in Stuttgart hielt er einen Vortrag zum Thema „Spielend Lernen. Das Potential von Computerspielen als Lernmedien„.
Der Vortrag als MP3 >
Spiele bauen beim Spielen einen MagicCircle auf. Dieser MagicCircle umgibt das Spiel und schottet es gegen äussere und innere Einflüsse ab. Dieser MagicCircle rahmt das Spiel. Es gibt eine Drinnen und Draussen, ein Drinnen mit seinen eigenen Regeln und eigenen Grafiken, konkret eine eigene interaktive Fiktion. In der Frage, was wir von Spielen lernen, spielt diese Rahmung eine wichtige Rolle. Ist es doch die Hürde, die der Spieler nehmen muss, wenn man etwas aus dieser fiktionalen Welt in die „realere“ Welt transportieren möchte. Dabei ist diese Rahmung meist stärker als man denkt und dies so scheint es – umso schwieriger, je weiter weg von der Realität ein Spiel „sich situtiert“, umso unwahrscheinlicher wird es in den Alltag eingebaut.
Wie schwierig ist die Übertragungsproblematik ist, zeigte sich letzthin beim amerikanischen Militärspiel Americans Army, das macht die angehenden Rekruten strategischer. Aber: Sie können schlechter Töten. Aus diesem Grund wird die Grundausbildung überarbeitet (siehe Golem Artikel „US-Army überarbeitet Grundausbildung – wegen Computerspielen“ >).
Die Rahmung und Übertragung bei Racing Games
Jürgen Fritz zeigte demgegenüber auf, dass die Rahmung bei Racing Games am Niedrigsten sei: Die Leute spielten vor dem Computer, richteten sich ihre Spielumgebung wie das eigene Auto ein: Manch ein Spieler habe ein Lenkrad, Brems- und Gaspedale und seine eigene Musik fürs Spiel. Wenn jemand 10 Minuten später im Auto sitze, so könne es durchaus zu Übertragung von Inhalten kommen. Normalerweise jedoch flauten die Übertragungsleistung rasch ab oder bauten sich erst gar nicht auf. Es stellt sich an Jürgen Fritz anschliessend die Frage: „Wie will man etwa Tetris in die Realität übertragen? Was lernt man konkret?“ Hier muss sicherlich gefragt werden, wie Übertragung funktioniert. Es lässt sich vermuten, dass Inhalte zuerst abstrahiert werden müssen auf eine Art Metaebene. Anschliessend muss es aus dieser Metaebene wieder in den jeweiligen Kontext gesetzt werden. Es findet eine eigentliche Transposition statt. Wieviele Leute eine solche Transposition wirklich geistig „prozessieren“ können, bleibt dabei fraglich. Auch gibt es keine eigentliche Kultur von „Metalernen“ (ein seltsamer Begriff, der zunehmend verwendet wird) oder Transpositionen. Es ist eher das Gegenteil in unserer Gesellschaft gewünscht: Systeme schotten sich ab, Übertragungen über „Systemgrenzen“ hinweg sind eher unerwünscht und werden unterbunden. Niemand will wissen, was zu Hause los ist.
Jeder Spieler nimmt, was er möchte
Jürgen Fritz zeigte anschliessend auf, dass jeder Spieler aus den Spielen, das nehme, was ihn interessiere. Und dies passiere sowohl auf der Ebene der Spielauswahl (welches Genre), wie auch auf der Ebene des Spiels selbst (wie rezipiert man ein Spiel, was macht man im Spiel). Man spiele am liebsten die Spiele, die persönliches Interesse verstärke und in denen man gut sei. Dies ist interessant, gerade weil Gamedesigner sich meist als die Designer von allem und jedem sehen. Sie gestalten den MagicCircle soweit es geht: Von der Grafik, Sound bis hin zur Spielmechanik ist alles designed und ist dadurch sinnhaft. Dabei bleibt meist nicht viel „Imagination“ (wie bei Büchern, wo die eigene Imagination eingebaut wird) übrig. In diesem Sinn ist es wirklich spannend, genauer hinzusehen, warum Spieler Spiele spielen, was sie mitnehmen und was sie aus dem Spiel machen. Wird in den Spielen wirklich nur gepuzzled, wenn es ein Puzzlespiel ist und spielen Spieler einen Shooter wirklich wegen des Zielens und Treffens oder ist es gar für Manche ein Puzzle Spiel? Oder ein Malspiel? Was ist die Motivation oder eher was sind die möglichen Motivationen in diesem oder jenem Spiel?
Die Postmoderne Frage um das artifiziellste und neuste Art von Spiel – den Games – ist auf jeden Fall eröffnet: Inwieweit macht der Spieler aus dem Spiel, was er will? In wie weit ist eben genau dies nicht planbar? In wie weit ist jedes Spiel eine Art Werkzeug, dass in den Händen der Spieler angeeignet wird? Oder letztlich die philosophische Frage: Wie lässt sich ein Spiel missbrauchen, anders verwenden?
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