SwissGameHub: House of gamez (GameMuseum) gecancelt

Die Stadt schrieb vor einem Jahr oder schon 2 Jahren (?) einige Räume aus in Oerlikon für eine Zwischennutzung. Die Dauer war 5-6 Jahre.

Der SwissGameHub suchte auch nach einer neuen Bleibe. Ein Raum war besonders interessant – die folgende Halle: 2500 m2 und es war davor schon ein CollabSpace gewesen. Die Stadt würde da den Mietern auch sehr entgegen kommen mit Inventar wie Tischen etc.

Eine Idee, die damals aufkam: Warum nicht diesen Raum attraktiver machen und ein bisschen Kultur reinbringen. Ein Game-Museum. Dadurch würde der Ort das Gamedesign in der Stadt verankern und die digitalen Welten würden endlich einen eigenen Ort haben. Das würde natürlich als Nebeneffekt auch die die Attraktivität fürs Gesuch steigern.

Sobald das Gesuch dann wider Erwarten bewilligt wurde, ging es daran dieses Konzept des Museums auszuarbeiten (Wobei das Museum im Endkonzept anscheinend nicht mehr Teil des Vertrages war). Der neue Name des Projektes House of Gamez. Mit dabei waren alte Köpfe neben Beat Suter, René Bauer (gamelab.zhdk.ch) auch Ivo Vasella vom outlane.ch. Das dabei entstandene Konzept und die Vorarbeiten findet sich als Projektbeschrieb bei gamelab.zhdk.ch hier. Es war schon sehr ausgereift und die wichtigsten Sachen waren geklärt.

Und dann entschied sich der SwissGameHub im Feb 2025 dagegen: Begründung kein Platz!

Selbstverständlich ist dieser Entscheid zu respektieren, wenn auch nicht unbedingt nachvollziehbar bei dem vielen Raum. Was diese Entscheidung persönlich bedeutet und wieviel Vertrauen zerstörte wurde, soll hier nicht diskutiert werden. Was aber in der Geschichtsschreibung der Gamekultur der Schweiz interessant ist, sind die Voraussetzungen und Implikationen dieses Entscheids.

Entscheid: Abkapselung

Der SwissGameHub wird dadurch nicht zugänglich sein. Er wird sich letztlich nur die eigene Klientel (Entwickler*) richten und keine Ausstrahlung in diesem Stadtbereich und in Zürich allgemein haben. Auch die Auseinandersetzung innerhalb der Szene wird voraussichtlich nicht stattfinden. Die Szene muss sich auch überhaupt nicht rechtfertigen, was da hinter verschlossenen Türen passiert. Dadurch stärkt die Szene den Vorwurf, selbstbezogen zu sein. Das Statement könnte man* auch so formulieren: „Uns interessiert das da draussen nicht. Wir interessieren uns für unsere digitalen Welten.“ Man* mag das für überissen halten und es mögen auch nicht die Gründe sein, im Resultat geht es aber genau darum.

Oder wie in einer Diskussion vor Jahren auf demSwissGameHub-Discord geäussert – hier paraphrasiert : „Warum sollten wir in die Stadt gehen und uns zeigen in der Zentralbibliothek bei einem Vortrag, dass es uns gibt: Die sollen doch zu uns kommen in den Hub!“

Selbstverständlich funktioniert das so nicht. Kultur ist etwas Gemeinsames, ein Austausch. Ausser man* will halt wirklich in der Blase leben. Akzeptanz gibt es dafür noch weniger.

Entscheid: Historisch – Games keine Kulturform des Protestes

Historisch gesehen ist der Entscheid völlig klar. Hier zugespitzt dargestellt: Die GameDesignScene – die geplante Ausstellung dazu wird es nun nicht geben – entwickelte sich in den 80/90er Jahren vorallem aus jungen Protagonisten. Diese waren grossmehrheitlich Autodidakten. Dementsprechend waren auch ihre Produkte in der Demo- wie der Gamedesignszene (Homecomputer): Sie entwickelten Gamemechaniken, einen eigenen Stil, der nicht viel mit dem Rest der Gesellschaft, Kultur oder gar Kunst zu tun hatte. Das Ganze bewegte sich von Anfang an in einer eigenen Blase.

Die dadurch entstandenen Missverständnisse wirken bis heute nach: Was ist Kunst, was lediglich Kultur? Es war also eine eigene Gruppe ohne viel Links, Verbindungen und Auseinandersetzungen zum Rest der Welt. Sie mussten auch nicht um Raum kämpfen, denn sie benötigten ihn nicht – sie schufen in selbst – diesen Raum. Und dadurch flogen diese Industrie lange vollständig unter dem Radar der Gesellschaft (Ausnahme Killerspieldebatte) und das inhärente Problem dieser Art von Subkulturen: Gamergate. Um es klar und deutlich zu sagen: Es war auch ein absichtliches Nichtvernetzen. Man* war ja Teil der Spielkultur, der weltweiten Internationale „Spiel“.

Das Game entstand auch anders – nicht als Weiterentwicklung wie beim Film (viel Inhalt aus Literatur, Theater) sondern als etwas ganz anderes, das immer auch ein Zeigefinger war gegen alles Anderen. Und das ist natürlich dieser Entscheid auch: Ein Zeigefinger gegen das Draussen: Wir brauchen euch nicht. Und ja das stimmt sogar. Kommunikation und Auseinandersetzung vermutlich nicht gewollt. Auf der anderen Seite möchte man dann doch kulturelle Förderung, da es Wirtschaftsförderung offensichtlich nicht gibt – für irgendwas und schon gar nicht für Games. Das versteht die Schweizer Kultur gar nicht. Wie sollte sie auch? Welche Vermittlung gibt es? Die Spiele jedenfalls machen ihre Vermittlung überhaupt nicht. Sie sind erfolgreich und das ist es dann auch schon.

Games und Gamedesign ist eben keine Kulturform (anders als die 80er Jahre Unruhen, die um Raum kämpften), die in der Mehrheit irgend ein kritisches Anliegen hat oder irgendwie lokal verankert wäre. Es ist Unterhaltung. Hier ist alles das eigene Selbst. Hier ist man* – böse gesagt – sich oft genug.

Entscheid: Aus dem Inneren der Szene

Heute akzeptiert die Gesellschaft die Digitalisierung und sieht die Vorteile von digitalisierten Medien und auch die Tools von Photoshop bis GarageBand. TikTok und Co kommen auch in Zeitungen und Newsportalen als Inhalt vor. Klar: Hier wurde etwas Bestehendes neu ermöglicht: Kommunizieren mit Bildern und Filmen.

Ganz anders sieht es bei digitalen Welten aus: Diese existieren in der klassischen (analogen) Gesellschaft nicht: kommen nicht in Zeitungen oder News vor (sofern sie nicht gesponsert sind). Und dann sind Games auch immer ja anrüchig gewesen, folgten nicht der Logik der klassischen Narration sondern diesem seltsamen Ding „Spielmechaniken“. Auch eine Ausstellung, die es nicht geben wird.. Alles in allem: Ausser den Spielern* und Designern* dazu interessiert sich niemand dafür. Klar das sind viele, aber eben nur Eingeweihte. Es gibt keine Verbindungen zum Aussen dieser Blase.

Und so gibt es wenig – schon gar nicht in den Innenstädten – Auseinandersetzungen mit digitaler Kultur und Welten. Sie haben schlicht und ergreifend keinen Ort. Und bekommen auch keinen. Es ist also klar: Dass Digitale braucht ja keinen eigenen Raum, es ist ein Raum ausserhalb des analogen Raum. So die seltsame Idee.

Im vorliegenden Fall hat sich aber nicht die kulturelle Gesellschaft gegen das Digitale im Analogen entschieden, sondern die GameDev-Szene alias GameDesign-Scene selbst. Sie sagt: Dafür haben wir keinen Platz.

Das bedeutet letztlich, dass der SwissGameHub keinen Wert in einem Museum mit ihrer eigenen Kultur sieht. Oder noch härter gesagt: Sie sieht dies gar nicht als Kultur an. Oder es geht radikal gedeutet – eigentlich nur darum Büroraum zu haben. Damit wäre diese Szene nicht besser als jede andere Industrie auch. Was natürlich auch die Art des Umgangs mit dem House of Gamez fast schon zu bestätigen scheint.

Es stellt sich daraus auch eine gefährliche Frage: Welchen Kulturbegriff hat diese Szene überhaupt? Glauben sie tatsächlich ein bisschen Fantasy Basel und Popcorn sei genug? (Endkundenveranstaltungen). Glaubt diese Kultur, sie müsse sich nicht erklären, weil sie ja schon von Millionen gespielt werden? Und wenn ja, warum sollte man sie genau unterstützen? Wenn sie gesellschaftlich immer noch keine Relevanz hat?

Diesen Punkt sollte man* genauer wissenschaftlich untersuchen, um zu verstehen, was hier eigentlich passiert. Welche Werte und Kulturvorstellungen sind hier aktuell in der GameDev-Szene zu findeen. Welcher Kunstbegriff wird hier benutzt? (Design – Angewandte Kunst?).

Entscheid: Bildschirme reichen – hier gibt es nichts zu sehen

Es gibt ja einen alten Vorwurf an die Gameindustrie und der lautet: „Ihr braucht gar nichts mehr als eure Monitore.“ Und auch dieses Stereotyp wird natürlich hier bestätigt – diese Szene scheint nicht mehr zu benötigen am Ende der Tage. Es wird eine Schnittstelle benötigt. Wer heute ins den Swissgamehub kommt, sieht aufgehängte Plakate, die zeigen, was hier entwickelt wurde und der Rest ist vollgestellt mit klassischen Cubicals. Man wird den Unterschied – wieder böse ausgelegt – zwischen Ubisoft und diesem Raum letztlich suchen müssen. Er liegt denn auch mehr in der Organisation und dem BottomUp-Verfahren, das sehr ausgeklügelt ist und funktioniert, aber mehr.

Entscheid: Die Anderen

Selbstverständlich kann man* sich auch von aussen fragen: Warum genau hat die Stadt diesen Raum vergeben? Hier kommt ein weiterer Aspekt ins Spiel: Wie reagieren die anderen Akteure im Umfeld auf diesen Raum – die anderen Kulturen? Steigert man* damit die Akzeptanz im Kulturkuchen von Zürich. Und ja der Film hat dem Gamedesign noch geholfen, das stimmt. Aber tut sich das Gamedesign mit der ganzen Sache einen gefallen? Oder ist es gar die Arroganz, dass das keine Rolle spielt. Und ist wiederum ein: „Uns egal“.

Fazit

Alles in allem ist der Entscheid auf verschiedenen Ebenen sehr erhellend und wirft letztlich Fragen auf, die dringend wissenschaftlich beantwortet werden müssen, um diese Szene genauer zu verstehen. Es ist auch deswegen wichtig, damit endlich die offensichtlich anderen Vorstellungen von Kultur bzw. Kunst aufgearbeitet werden können und mit den Vorstellungen der Gesellschaft verglichen werden können. Es bleibt zu befürchten, das sich da riesige Gräben auftun. All dies ist natürlich gerade wichtig, wenn es – wie positiverweise gerade aktuell – um Förderung geht – wenn hier zwei völlig verschiedene Ideen von Kultur aufeinander clashen: Eine gesellschaftlich analoge Idee von Kultur (integriert teil von) und eine Vorstellung von Kultur, die sich rein digital sieht und die von Anfang an Weltweit war. Ein Grund warum sich ProHelvetia damals so drauf gestürzt hat – so zumindest die Vermutung.

Oder anders gesagt: In der Förderung im Gamedesign werden vermutlich „schweizerische“ Gamewelten gefördert und eben nicht „schweizerische“ Kultur – muss auch nicht. Die schweizerische Kultur hat immer noch analoge kulturelle Protagonisten, das Gamedesign hat das nicht. Oder sagen wir – noch nicht. Es ist also viel schwieriger zu erklären, was in diesem Bereich genau passiert, gefördert werden sollte. Das ist natürlich auch eine Folge von 40 Jahren keine Auseinandersetzung mit dem Rest der Gesellschaft. Dies zeigt sich etwa an der genuinen Kunstform GameArt/ArtGames/Kunstgames, hierzu gibt es mehrheitlich selbst aus dem Gamedesign nur ein müdes Lächeln.

Es ist Zeit, dass diese Auseinandersetzung endlich beginnt und von dieser Auseinandersetzung sollte auch das GameDesign lernen, wenn es ernst genommen werden möchte, aber vielleicht will es gar nicht ernst im gesamtkulturellen Umfeld genommen werden. Auch das ist durchaus im Bereich des Möglichen. Vielleicht geht es letztlich eigentlich nur um Wirtschaft. Das ist bekanntlich ein ganz anderes Feld.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.