GameDesign und seine „Helden“. Der Fall Musk & Blastar (1984) [Kurzanalyse]

GameDesign und die Weltgeschichte

Dass das GameDesign leider einen Einfluss auf die Weltgeschichte hat, ist etwas, was man langsam entdeckt. Der MagicCircle ist leider in Sachen Ideen durchlässig. Dabei ist das Spielen (und auch Designen) von Games eine der einfachsten Arten Computer zu beschäftigen/benutzen: Es ist schon eine Motivation in sich selbst – Spiel=(Arbeit&)Konsum. Dabei muss man* sich auch nicht mit komplexen Problemen aufhalten, sondern kann einfachste Spielmechaniken/Motivationsmechaniken und Weltbilder nutzen inklusive Bestrafung und Belohnung. Es sind erschaffene Probleme wohlgemerkt, die gelöst werden müssen. Das ist anders als bei Textverarbeitungen, die „nur“ Tools und Mittel zum Zweck sind, die Welt aber natürlich massiv verändert haben.

Es erstaunt deswegen kaum, dass viele im GameBusiness angefangen haben, eine der ersten digitalen Industrien – wie etwa Jobs/Wozniack (Breakout) oder schwierigere Persönlichkeiten wie Musk oder auch Steve Bannon (der bekennt, er habe da viel ‚gelernt‘ .-(. In diesem Sinn ist die Geschichte des GameDesigns auch eine Geschichte von Leuten, die danach in anderen Bereichen ‚berühmt‘ und teilweise ‚berüchtigt‘ wurden. Und vielleicht sagen deren Spiele, auch etwas über sie selbst aus – ganz im Sinne von „An ihren Spielen soll man sie messen“ .-)

Zusätzlich ist es wichtig, diese Spiele einzuordnen und zu kontextualisieren. Denn: All zu schnell wird damit weiter an der angeblichen „Genialitätsgeschichte“ der „Persönlichkeiten“ gebastelt. Musk und seine Anhänger tun das gerade wieder – dieses mal mit einem sehr alten Spiel. Es unterstreicht angeblich seine Legende vom TechVorreiter. Wobei er sich ja mehrheitlich erst später eingekauft hat wie etwa bei Tesla. Im Folgenden scheint es aber um ein Produkt zu gehen, das tatsächlich von ihm selbst stammt. Und da stellt sich die Frage: Warum geht es, was sagt es aus? Wie kann ich handeln (gameplay)? Was ist es für ein Wertesystem? Was für eine Motivationsmechanik?

BLASTAR 1984 – Übliches Listinggame

Von Elon Musk gibt es wie schon erwähnt das Game: „Blastar“. Der Titel könnte eine Lesart von „Blaster“ und „Star“ sein oder einfach anders ausgesprochen „Blaster“ (was allerdings schon für einen Spielautomaten vergeben war). Musk scheint als 13 Jähriger [Entwicklung mit 12, Publikation mit 13] (Forschung dazu steht noch aus) ein Listinggame eingeschickt zu haben und es wurde genommen und publiziert für 500$.

Dies war damals allerdings kein Einzelfall. Magazine verteilten so Software und boten deswegen auch Preisgeld an etwa für das „Listing des Monats“. Es war die unkomplizierteste Art von Publishing in einer Zeit, in der Tapes und Floppies teuer waren. Das Ganze war aber auch weit weg von einem konkreten Publishing (Retailbox) und direkt bezahltem Produkt eines ‚richtigen‘ Games. Wie üblich das Ganze war, sieht man in der Dokumentation und dem Buch dazu „From Bedrooms to Billions“ zur UK-GameDev-Scene. Dies zeigt die allgemeine Stimmung der 80er Pionierjahre und diese war gekennzeichnet von auch sehr jungen Entwicklern (eigentlich auch eine Jugendbewegung). Mehr dazu hier als BlogArtikel >

Für Jugendliche* war Spielen der neue Zeitvertreib (Das gab es in der Art davor schlichtweg nicht – schon gar nicht zu Hause. „Der Cyberspace war frei und unreglmentiert“ .-)) und auch die Idee einer eigenen Zukunft – einer eigenen Zukunft, die man selbst programmieren konnte, den Sound den man machen konnte zu Hause. Dies war nichts auf der grünen Wiese, sondern es war „real“ im Fernseher (als Display) zu Hause. Es war eine neue Art der Unterhaltung. Dazu kommt, dass die Games teilweise einfache Gut-Böse-Schematas haben und sich an Comics orientieren.

All das macht sie zur Projektionsfläche (und Speerspitze der Digitalisierung) für den Konsum und dann in einem zweiten Schritt auch zur eigenen Projektionsfläche als Entwickler* und Designer*. Ein Zeitvertreib, der anfangs vor allem von männlich sozialisierten Personen ‚gepflegt‘ wurde. Vermutlich nicht zufällig kamen Singleplayer gerade zu dieser Zeit in „Mode“ bzw. waren eine neue Erfindung nach all den Multiplayerspielen (Pong und Co). Hier ging es einfach zur Sache: Der Spieler* alias Held gegen den Computer. Eine Motivationsmechanik, die sich natürlich auch in Comcis findet: Heldengeschichten. Musk scheint auch fasziniert gewesen zu sein von den „Überhelden“ aus den „Marvel Comics“ und Co (Etwa die X-Men, diese kommen aus dem All ‚deformiert‘ zurück – eine Anlehnung an die Mutationsängste bei den ersten Astronauten). Mehr dazu hier in die Zeit: „Hintermänner: Wer Elon Musk verstehen will, muss sich in ein anderes Universum begeben – in das seiner Helden X-Men, Iron Man, Batman.“ Und so ist konsequenterweise auch sein Spiel Blastar ein SinglePlayer, eine Heldengeschichte im Space. Quasi die persönliche Heldenreise des E. Musk als Entwickler und Spieler.

Das Spiel auf dem Spectravideo

Das Spiel kommt spartanisch daher und steht am Rande des Verfallsdatums der 8Bit Computer, die ab 1985 mit dem Aufkommen des Macs und der 16/32Bit Homecomputer Amiga/Atari ST beginnt.

Die Platform des Spiels ist ein nicht gerade bekannter Computer, der Spectravideo SV-328 – 1983+ (Z80) mit MicrosoftBasic (der quasi Standard für Basic zu jener Zeit – wobei die „Sprachumfänge“ der Basics verschieden waren). Der Computer soll die Vorlage gewesen sein für den MSX-Standard. Das ist Microsofts Versuch, mit einem Standard auch im Homecomputer-Markt direkt mitzumischen. Quasi eine Art von übergreifendem auf Basic-basierendem Betriebssystem. MSX war vorallem in Asien erfolgreich.

Der Computer: https://en.wikipedia.org/wiki/SV-328

Visuals

Die Visuals werden wie damals üblich durch den Kontext wie RetailBox oder eben hier den Eingangstext geframed und lesbar gemacht (Semiose). Man* sieht also durch diese Bild/Textwelten hindurch das Spiel:

In this game you have to destroy an alien space freighter, which is carrying deadly Hydrogen Bombs and Status Beam Machines.

Visuell macht das Spiel nicht besonders viel her – wie es diese Games an sich haben damals in den Listings. Die Grafik braucht viel visuelle Daten im Vergleich zum Code und darüber hinaus ist ‚Grafik‘ nicht gerade sehr spannend abzutippen (0 und 1sen oder *** und ###). Zudem ist die Seitenzahl für Listings meist begrenzt. Oder anders gesagt: Was nicht programmierte Spielmechanik ist, hat es schwer.

Immerhin das Spiel nutzt Sprites und das wird auch im Introtext „angepreist“.

This game make good use of sprites and animation, and in this sense makes the listing worth reading.

Unklar bleibt allerdings, warum man* das Spiel nur „lesen“ soll. Soll man* es nur verstehen, wie es funktioniert – als eine Art Learning? Selbstverständlich war dies immer auch Teil der Listingkultur: Verstehen und Lernen. Der Satz bleibt aber unklar, ist fast schon eine Art Entschuldigung.

Code in Basic

Das Spiel selbst ist in BASIC programmiert. Damals ist diese Programmiersprache quasi Programmiersprache & OperatingSystem in einem und festinstalliert. Sie gilt dennoch als Anfängersprache und der nächste Schritt war dann meist ein besseres Basic, C (meist zuwenig Speicher für Compilierungen) oder dann der Umstieg auf Assembler alias Maschinensprache und den direkten Zugriff auf die Hardware.

// ToDo: Konkrete Analyse des Codes.

Komplexität Realisierung und Entwicklung

Die technische und inhaltliche Komplexität des Spiels ist einfach: Ein Duell. Das ist eine einfach zu realisierende Spielemechanik. Viel Knowhow ist dabei nicht erforderlich und es is so das erste, was „man*“ so macht. Es geht dabei weder technisch noch spielmechanisch an eine Grenze. Die Entwicklung folgt dabei meist dem einfachen BastelModus: Ich fange mal an (Avatarbewegung), erweitere es einen Tick (Schiessen) und dann kommt der Gegner hinzu (Konstante Bewegung nach links). Es braucht keine komplexere ObjektVerwaltung (viele Sprites). Es müssen nur zwei Objekte verwaltet werden. Insofern handelt es sich bei dem Spiel um ein durchschnittliches Anfängerspiel. Einzig die seltsame Idee mit dem Festgehalten-werden ist nicht gerade der Standard. Es ermöglicht auf der anderen Seite auch, dass nicht zwei Schüsse gleichzeitig gezeigt werden müssen (Avatar- und Gegnerschuss)

Interessant wird zu sehen sein, was das Magazin sonst noch so veröffentlichte. Oder anders gesagt: In welchem Kontext stand dieses ListingGame.

Inhalt, Setting

Inhaltlich ist es ein klassischer stereotyper ‚moderner‘ Kampf. Es kämpfen zwei Systeme gegeneinander – Kommunikation ‚per Schuss‘. Das gegnerische Raumschiff soll ein Vehikel sein. Und in dieser Lesart hat es geschwungene Formen. Allerdings erinnert es ohne Text doch viel mehr an einen breitbeinigen Menschen mit Kopf – ein Boss (Kopf, breite Schultern von SchrägOben) alias Roboter. Design kann ja immer mehrere Lesarten gleichzeitig sein.



Das eigene Schiff ist eher im rechtwinkligen Technikstil designed. Dabei erinnert der eigene Avatar an eine Enterprise ohne grossen Aufbau vorne oder an ein Kriegsschiff mit zwei Geschützen, die Verbindung zum Cockpit scheint sehr fragil.

Das Raumschiff schiesst zwei Kugeln gleichzeitig in einem Sprite raus. Es ist also spieltechnisch eigentlich nur ein Schuss. Auch hier minimalste Mechanik. Die Programmierung ist dabei recht einfach, da der eine Schuss bei jedem Klick wieder von vorne losgeht und den ersten löscht (Es ist nur einer). Schlecht gelöst ist dabei der Auslösemechanismus: Wenn der Knopf gedrückt bleibt – steht der Schuss vor dem Raumschiff. Etwas, was eigentlich nicht passieren sollte.

Spielmechanik

Das Spiel ist schwierig und macht nicht wirklich Spass: Die Herausforderung ist klar – töte den Gegner.

In this game you have to destroy an alien space freighter, which is carrying deadly Hydrogen Bombs and Status Beam Machines.



Belohnt wird man mit Punkten und einer „Animation“ der Explosion (auch im „Werbetext“). Es ist einfach ein anderer Spriteinhalt, soweit ich das sehe. Der Avatar kann immer schiessen und weil der Schuss langsam ist, muss man vorausschauend schiessen auf den Gegner, der sich von links nach rechts bewegt (MicroSchussmechanik). Ist man zu lange in seiner Bahn, so kann der Gegner den Avatar festhalten, er beschiesst den Avatar und kann ihn zerstören per „Laser“. Der Avatar ist dabei hilflos. Ähnliche Mechaniken haben auch einige Galaga-Versionen. Der psychische Effekt ist unter anderem der Kontrollverlust und die Ausgeliefertheit. Sonst ist der Gegner ‚ruhig‘ und bewegt sich einfach. Das eigene Raumschiff kann auch nach vorne fliegen, um besser zu zielen. Dann kann es allerdings passieren, dass der Gegner hinter einem auftaucht. Man scheint das Spiel nicht zu verlieren, wenn der Gegner den „Grund“ berührt. Wobei es vermutlich keinen „Grund“ gibt, wir sind im Weltall.

Das Ganze wirkt sehr unfertig, fahrig und macht fast null Spass. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass viele dieser Listingspiele nicht der Hit waren. Aber dieses – im Jargon von Musk – „loost schon recht ab“.

Gesellschaft & Blastar

Gesellschaftlich zeichnet auch dieses Spiel eine seltsame Welt. Das Spielerschiff kämpft gegen das GegnerSchiff oder RoboterMachoMan in klassischer Arcademanier. Von diesen Spielen gibt es viele zu dieser Zeit gerade im Homebrew-Bereich. Hier ist der einsame Held gegen den Gegner – gegen einen Gegner. Und dieser ist sehr passiv – ausser man kommt in seine Nähe, dann kann er „einem“ Anziehen und Zerstören. Das macht die Kontrollverlustangst zum Bestrafungsmechanismus. Motto: Zerstör den anderen bevor er Macht über dich erlangt. Denn dann ist es zu spät! Und in diesem Spiel gibt es nicht anderes. Nur diese Spielmotivation. Es gibt in diesem Sinn nur alles oder nichts.

Normalerweise kämpfen Spieler* Mitte der 80er keine Duelle mehr. Im ShootEmUp-Genre wurde der Bosskampf an das Ende der Levels verlagert. Davor kämpft der Spieler* gegen die Masse. Erst am Ende gegen das Management des Ganzen – den Boss, das Gehirn etc. Nur ein Teil des Hack&Slash-Genres kennt dieses direkte Duell als Kernmechanik noch.

Es geht Mitte der 80er Jahre im ShootEmUp-Genre vor allem darum: der Avatar gegen viele Aliens (Space Invaders, Galaga etc). Der Spieler spielt quasi die gesellschaftlich heraufbeschworene neue Norm – die neoliberale Welt. Dennoch ist man hier – wie in der Neoliberalen Welt – auch alleine im Kampf – aber eben gegen alle. Blastar dagegen erinnert eher an ein Duell im Mittelalter mit Schwertern oder an ein Duell der britischen Oberschicht – eine Art Fighting-Game mit Pistolen als Einzelspieler.

Paart man das Ganze noch mit den Aussagen aus dem Zeitartikel könnte man schon auf eine interessante Deutung kommen, wie dieser Jugendliche mit 12/13 Jahren im Apartheitstaat Südafrika als Weisser die Welt so sieht und was er gerne spielen würde: Duelle – Mann* gegen Mann* gegen den Kontrollverlust im Spiel – gegen einen Übermächtigen Einzelgegner – Aliens – den Bösewicht. Wobei der andere „Mann“ hier – die absolute Kontrolle über einem kriegen kann, wenn man es zulässt, also muss man schneller als er* sein und ihn* zur Strecke bringen.Der andere erscheint als Magier*, der* ganz anders spielt mit bösen Kräften, während man* nur eine Gun hat. Mit McLuhan: Der Avatar hat eine mächtige Extension.

Leider schaut die (unsere) Realität und die von Elon Mask geformte aktuelle Lage in den USA heute nicht viel anders aus als sein Spiel. Es wird inszeniert als ein ewiges ZweierDuell. Es ist quasi das Vorbild für jeden Kontakt: Lass dich nicht darauf ein, die Kontrolle zu verlieren, ausgeliefert zu sein. Handle zuerst, präemptiv. Das ist anders als die Zerstörungsorgien andere ShootEmUps. Der Kontrollverlust ist bei diesen ShootEmUp gleichbedeutend mit dem schnellen Tod, kein grosses Leiden, keine Marter. Nicht so in Blastar.

Damit steht das Spiel natürlich nicht alleine da – es gibt einige davon – einfach meist ohne solchen fast schon sadistischen Möglichkeitsentzug. Es scheint als sei dieses Spiel ein Spiel, das Herr Musk heute noch „spielt“ nun als Alltag und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Dies ist auch klarer heute: man behält oder verliert die Kontrolle. Das klingt stark nach dem NeoAmerika unter Trump, das Musk mitgestaltet jeden Tag. Wenn Spiele – nach der Theorie von PMOng – die letzte, aktuelleste spielbare Philosophie unserer Welt sind – dann spielen wir nun dieses Spiel von Musk aus den 80er Jahren. Nur scheinen auch noch die Waffen der „Aliens“ auf den „Avatar“ übergegangen zu sein ganz im Sinne von „Die Kontrolle muss zurück“. Wir wollen der Alien sein.

Die Folgen sind verheerend allein schon in den ersten Wochen der neuen Machtverhältnisse in den USA: „BLASTAR“!

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