Zauberwald in der Lenzerheide 2024 entzaubert oder die Lichtinstallationsszene als Gimmick

R. Bauer

Der Zauberwald in der Lenzerheide ist seit Jahren ein interessanter Ort.

www.zauberwald.ch

Früh wurde hier erkannt, dass man mit Lichtinstallationen den Wald neu inszenieren kann und das gerade um die dunkelste Zeit herum: Weihnachten-Neujahr. Und ja dann ist die Lenzerheide auch ein Weihnachtsbaum (Beleuchtete Wohnungen) und die Bevölkerung explodiert wundersam.

Lichtinstallationen im Wald mit Schnee

Dieser verzauberte Wald war zu Beginn auch eine faszinierende Sache – nicht dass damals es nicht schon andere Festivals in diesem Lichtinstallationsbereich gab (3D-Mapping war gerade in(n) geworden) – aber das hier forderte dazu auf Natur einzubeziehen und das ist aus der Praxis eigentlich eine richtige Herausforderung. Und ja es gab Schnee – reflektiert gut. Sofern es welchen hat, was um Weihnacht- Neujahr ja auch nicht häufiger geworden ist. Aber der Zauberwald-„Brand“ schien genau das zu sein, was der „brandtechnisch“ beeinhaltete (und mit dem noch heute geworben wird): ein Gang durch einen letztlich technisch verzauberten Wald – wobei die Technik meist eben Licht war. Illuminierte Realität oder überblendete Realität. Die meisten Installationen waren ok und 2 oder 3 waren auch richtig gut und auch beeindruckend, gerade wegen der Umgebung (Einbettung). Und das Setting war auch immer klar: Zauberwald

Lichtinstallation für die Masse

Natürlich waren auch immer mehr Sachen zu sehen, die NoGos sind, etwa eine Autowerbung getarnt als Lichtinstallation. Ja der Kapitalismus verzaubert, aber warum sollte ich für den Zauber der Autoindustrie-Geld ausgeben und warum diese vielen Institutionen, die sich auch in Szene setzten möchten? Man fragte sich teilweise dann schon: Nee bitte. Aber diese Dinge gehen bei Leuten durch, die eben sonst keine Lichtinstallationen sehen und dann halt beeindruckt sind einmal im Jahr. Eine fast legitime Sache. Es war ein Gang durch den Wald – 15 Minuten und es war gesehen, es wurde gestaunt gerade mit Kindern.

Falsche Vorstellung vom Zauber?

Man darf hier natürlich einfügen, dass das vielleicht der Eindruck von jemanden ist, der auch mit Licht und Mapping und Installationen arbeitet(e) und es gar nie so sehr um diese Lichtinstallationen ging, sondern nur nebenher um das Licht und den gemütlichen Gang durch den Wald. Nämlich etwas das wuchs und grösser wurde – eine Eventmaschine.


Dabei war man dann meist ein bisschen desillusioniert als in der Mitte dann ein Dorf wuchs und wuchs mit Ständen – mit Zauber hatte das dann nicht mehr viel zu tun. Es war oft zu warm, es tropfte einem auf den Kopf es regnete oder es war wie es sein sollte im Zauberwald eisig kalt.

Das Dorf im Wald

Aber hier im Dorf im Zauberwald – da wohnen keine Zwerge – sondern alles Mögliche an Verpflegung. Auch den Zigeunerspiess gab es immer noch. Man ist ja im Märchen hier. Stille.

Lichtevent, Essensdorf oder Konzert – alles zusammen! Aber nur zusammen!

Aber mit einem verwunschenen Ort hatte das eher nicht soviel zu tun. Denn eigentlich – so zumindest meine Idee – bezahlte ich ja für das Licht. Aber das war wohl eine Fehleinschätzung, denn immer mehr wurde es zu einem Musikevent – in diesem immer lauteren Wald (In Märchen ist das Laute meist das Böse, selbst der tosende Wasserfall). Die Seite der Lenzerheide, die nicht den Wald vor der „Heide“ hat, röhrte dann die Musik die 10(?) Tage. Ja der verzauberte Wald – in den Bergen hat man vielleicht andere Vorstellungen. Auf jeden Fall scheint sich das „Dorf“ Lenzerheide damit abzufinden – der Tourismus davon lebt man und das ist ja auch so.

Der Event-/Konzerttourismus

Diese Art des Bergtourismus kennt man allerdings seit seit Jahrzehnten. Ischgl und in der Schweiz vor allem Laax haben es vorgemacht. Reto (der Gott von Flims/Laax) hat „verzauberte“ Parties in Bergstationen gemacht mit den TopActs der BoarderScene (Lustig wenn neben dir die angesagteste Band der Boarderscene aus NY hochfährt und total ausflippt, weil sie das erste mal Schnee sehen und danach kotzt der krasseste Skater in die Gondel – die Party gestern war wieder mal too much. Das ist das, was irgendwie nicht so Spass macht. )

Aber zurück zur Lenzerheide: Ach ja da läuft gerade in der „Eventbar“ der Mittelstation des Rothorns lautstark etwas von „Bums bereit“ um 15.00 nachmittags – also draussen. Das da auch Kinder unterwegs sind, interessiert Tourismus Lenzerheide anscheinend wenig oder die Bergbahnen – die vermieten den Ort vermutlich.

Zauberwald 2024

Aber zurück zum Zauberwald: Und dieses Jahr funktioniert dann der Brand/Markenzeichen definitiv nicht mehr für die eine Hälfte der Waldwanderer. Mit schnell mal am Abend durchgehen ist es längst vorbei. Denn dazu müsste man einen Eintritt für den Kinderact oder dann die nächsten Act kaufen, sonst gibt es keine Lichtkunst. Natürlich könnte man nach allen Act auch durch den Wald gehen, aber das ist um 21.00+ und natürlich ausverkauft. Es schwant einem: Das ist ein klassicher Event wie im Hallenstadtion etc. Buch es fürs nächste Jahr, dann ja dann kannst du in den Wald. Und vielleicht so fängt man an zu denken liegt es ja am Dörfchen: Es dürfen einfach nicht so viele rein in den Wald (der sonst Eichhörnchenwald heisst .-), weil es dieses Dörfchen gibt und da ist halt ein Event.

Besucher, die wollten .. a

Wie auch immer – am Ende steht ein Ehepaar da – Arme gibt es in der Lenzerheide immer weniger – und er sagt: Warum soll ich 45.- Fr bezahlen für ein bisschen Licht. Da bemerkt man, dass man nicht der Einzige ist, der an die Idylle geglaubt hat. Wer den Spaziergang schon Monate voraus anmelden muss, der macht halt auch keinen Spaziergang mehr.

Der Mann in der Gondel um 14.45 – seine Frau ist ganz begeistert von den Acts – fragt sich warum er jedes Jahr hingehen soll – wenn er Acts sehen wolle, dann müsse er ja nicht dazu frieren müssen. Sie hätten sich dann mit den Kindern auf alle zwei Jahre geeinigt, meinen sie zum befreundeten Paar.

Der illegale Umweg

Einige der Leute machen sich dann auf den Weg um 17.10 und gehen um den Wald herum, damit sie wenigstens noch ein bisschen vom Lichtspektakel sehen können, denn dafür sind sie gekommen, der Rest ist nur Beigemüse. Aber für die Waldmieter scheint es genau umgekehrt zu sein.

Zwergendorf

Vielleicht sollte sich die Gemeinde Lenzerheide, der Verein Zauberwald und wer da auch immer noch dafür zuständig ist, darüber nachdenken: Wieder einen neuen Zauberwald hinzustellen, indem nicht die „Zwerge“ hausen. Denn das was da gerade abgeht ist keine Zauberei mehr und Wald gibt es ja genug um die Lenzerheide. Dann könnte der jetztige Zauberwald umbenannt werden in ZwergenZauberwald und weitermachen – ganz auf den Spuren der anderen ganz grossen Skiressorts.

Lichtinstallationsszene

Und ja dann hätte die Lichtinstallationsszene wenigstens wieder einen interessanten freieren Ort für die Masse und wäre nicht nur Rahmenprogramm, um die Leute in den Wald ins Zwergendorf zu locken.

Nachtrag:

Klarer wird das Profil des Zauberwaldes natürlich als (Vernetzungs-)Produkt, wenn man weitersucht, woher das Produkt zu kommen scheint: noa.art. Da passt dann am Ende doch vieles – auch lokal -zusammen einfach von hinten her.

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