Wer in 8Bit-Zeit der Homecomputer unterwegs war, kannte die Spiele, die nur mit Zeichensatz ‚gezeichnet‘ waren. Sie galten als nicht besonders advanced, denn schliesslich gab es ja noch den Grafikmode bei diesen Computern und da konnte man eintauchen in nicht vorgefertigte Welten mit ‚ausufernder Grafik‘ – rasterlos. Die Zeichensatzgames sahen dagegen aus wie jedes andere Program auch. Gemacht aus wenigen Element und sie waren meist kleinteilig.
Vor allem auf den sehr teuren „HighEnd“ Computern wie dem PC (1) gab es viele frei kopierbare Spiele von PacMan-Clones, Snakes bis hin zu komplexeren Spielen.
Das vielleicht bekannteste ZeichensatzGame (und deswegen auch lange Zeit nicht ernstgenommene Game): Rogue 1984
Oder einfach noch fundamentaler:
Spielen war damals sehr verpönt auf PCs, weil keine BusinessAnwendung und diese sahen dann auch nicht besonders „gamig“ aus. Man konnte sie also fast schon übersehen, wenn hinten im Büro jemand das spielte – sie waren also visuell im Möglichkeitsrahmen des visuell Akzeptierten. Wer die grafischen Akzeptanzmuster von PC-Usern* sich anschauen möchte, der betrachte nur die Gestaltung von WORD 1-6 (MS-DOS). Die professionellen MS-DOS-Spiele waren auch meist veraltet und grafisch schwierig (Hercules oder CGA Grafikkarten) Mehr dazu hier >
Zeichensatzgrafiken
Die Grundlage waren dabei die Fonts jener Zeit, die eben schon diese GrafikElemente wie Box, Channel, Dreiecke, Kreise enthielten. Also lag es nahe diese als Tiles zu nutzen, zumal jeder Computer damit ausgeliefert wurde, sogar PCs (während die Grafikkarte überall ein bisschen anders war).
Der C64-Font – PETSCII (Commodore Zeichensatz)
Die 8Bit Computer spiegelten das auch auf ihrer Tastatur und so konnte jeder Grafik buchstäblich tippen.
Auf dem C64 wurde diese Art der Grafik dann auch genutzt, in dem Grafiken aus angepassten Font konstruiert wurden. Aber manchmal reichte auch der normale Zeichensatz, um ein interessantes professionelles Spiel zu erstellen wie bei SpaceTaxi C64.
Das Ende der Font-Grafiken – 16/32Bitter AtariST/Amiga
Mit der Einführung der 16/32Bitter endete diese Phase der Grafikerstellung schlagartig. Die Fonts enthielten nun nicht mehr die nützlichen grafischen Blocks.
Der Font des Atari ST:
Ähnlich dazu der Font des Amigas: https://heckmeck.de/blog/amiga-topaz-1.4/
Bei diesen neuen Computern (siehe andere BlogArtikel) war der Grafikmode-Standard. Das Betriebssystem war ein GUI-System. Und es war genug Memory vorhanden, das Laden von 3 1/4 Floppies war verhältnismässig schnell. Also gab es keinen Grund mehr so etwas wie vorgefertigte Tiles zur Verfügung zu stellen. Die wenigsten Spiele arbeiten dann auch noch mit nur Zeichensatz. Zeichensatzgrafiken galten als überholt und altmodig.
ReEntry: DwarfFortress 2004
Erst Jahre später – Fonts zur Grafikerstellung waren schon lange nicht mehr das Mass der Dinge – entdeckten wieder Spiele die alten Zeichensätze (ReEntry) und machten daraus wieder Spielwelten bei denen die Spieltiefe sich nicht an der Oberfläche spiegelten wie etwa DwarfFortress, dass 2004 nur mit zu interpretierenden ASCII-Zeichen daherkam.
PETSCII-Displays
Ungeachtet des Fortgangs der Geschichte, gibt es seit Jahren wieder eine Szene auf dem C64, die Zeichensatzgrafiken pflegt und damit auch wieder Games macht. Dabei ist das einzelne Teil das Raster und damit sind die Displays dann etwa 20*20 Tiles gross. Die entwickelten Spiele sind dabei äusserts interessant und ‚modern‘, da sie eine gewisse Abstraktheit besitzen bzw. aus wiedererkennbaren Einzelteilen (Tiles) bestehen.
PETSCII-Art
Eigene PETSCII-Grafiken?
Wer selber mitmischen möchte, findet hier einen Editor:
PETSCII-Games
Auch neue PETSCII Games gibt es – etwa Monstro Giganto 2021. Dieses nutzt selbstverständlich grosse Monster, so dass diese Art der Grafik überhaupt funktioniert.
oder von Roman Werner (CH) eine QixVersion als PETSCII-Game (2024)
https://romwer.itch.io/qixscii
SizeCoding
Auch in einem anderen Bereich taucht die Zeichensatzgrafik wieder vermehrt auf: In der Demoscene genauer im SizeCodingScene und dort vorallem im GameSizeCoding.
Warum? Da zu jedem Game auch Grafik gehört und Grafikdetail abhängig ist von Code und Size, werden hier gerne Fonts und Sonderzeichen benutzt. Hier hilft es also ein Spiel auf einem C64 zu machen, weil etwa ein AtariST oder Amiga ohne die „GratisGrafik“ daherkommt.
Das schlagende Beispiel dazu wäre etwa das 256 byte Tetris (2024)
Und auch die FantasyConsolen wie Pico8 liefern eine Menge von nutzbaren Zeichen im Font mit und ermöglichen damit beachtliche grafische Darstellungen!
Anders gesagt: Zeichensatzgrafik ist wieder sehr in (an den Rändern der NerdGesellschaft)!
Oder mit einem eigenen Beispiel – ION ein Nanogame mit 382 Bytes – ohne die Zusatzzeichen nicht möglich.
Tilebasierung reloaded: Stappelbare Tiles
Es gibt inzwischen auch andere Tools, die nicht nur planares Tilebasing machen, sondern die Tiles auch stappelbar machen. Ein Experiment aus der and-or.ch Gruppe (Autor ist Teil dieser Gruppe) findet sich unter https://designcoder.and-or.ch