Eine kleine Geschichte der Gewalt||akzeptanz in Games Teil I (In Arbeit Letztes Update 3.11.2024)

GewaltDesignrules in Filmen, aber keine GewaltDesignrules in Games?

Betrachtet man die heutigen Games (etwa Baldures Gate etc), so scheinen Games keine Grenzen zu kennen, was die Darstellung (Visuell, auditiv) von Gewalt und deren Folgen (etwa zerstörte Körper) betrifft. Dasselbe trifft auch auf die Interaktivität zu. So etwa beim Eindrücken der Augen durch die Gestensteuerung mit den JoySticks bei God of War III und das anschliessende Zeigen der eigenen HandlungsFolgen aus der Perspektive des Opfers. Man vergleiche diesen Sadismus mit dem Film Strange Days. Die Game-Industrie arbeitet deswegen offensichtlich auch mit keinem inoffiziellen Code, was erlaubt sein sollte und was nicht. Es wird interessant sein hearuszufinden (irgendwann mal), ob es solche Kodizes wenigstens in einzelnen Firmen gibt (was zu vermuten ist).

Dies ist grundsätzlich anders im Film, wo sich Hollywood einem solchen Kodex verpflichtet hat (Etwa keine Schwabelinnereien oder dampfende Eingeweide selbst bei Horrorfilmen oder Splatter). Anders als beim Film, wo diese Effekte immer Zusatzeffekte sind, sind sie im Gamedesign einfach zu haben, sie sind nur ein paar Klicks bzw. Pixel entfernt. Und Gore-AI wird leider sicher bald verfügbar sein.

Mögliche Arten/Kategorien der Gewalt in Games

Mögliche Kategorien könnten etwa sein:


Analoge Gewalt
– Zerstörung von Gegenständen
– Verletzung und Zerstörung von Tieren
– Verletzung und Zerstörung von Aliens
– Nötigung
– Verletzung von „digitalen Menschen“ (mit und ohne Blut)
– Tötung von „digitalen Menschen“ (mit und ohne Blut)
– Zerstörung von digitalen Körpern (mit und ohne Blut)


Psychische Gewalt
– Folter
– Mobbing …
– Zersetzung (DDR)


Synästhetische Gewalt
– Gewalt über Audio
– Nutzung von visuellen verstörenden Aesthetiken (etwa kein gemeinsamer Stil vgl. Mortal Combat)


Interaktive Gewalt
– Das Ausüben von Actionen, die 1:1 im Game Gewalt sind oft bei direkter Gestensteuerungen (God of War)
….

Selbstverständlich ist Gewalt meist nicht eindimensional sondern wird über mehrere Kategorien hinweg gleichzeitig ausgeübt etwa in einer einfachen Zerstörungsszene. Interessant ist hierbei ja auch, wenn es zu Medientranspositionen kommt: Etwa eine Gameszene im Film. Sehr gut zu beobachten im Film Existenz mit dem Zusammenbau der Waffe im Restaurant. Da wird klar, dass „Gewalt“ auf diversesten Ebenen gleichzeitig passiert und dargestellt wird.

Kleine Geschichte der Gewaltakzeptanz im Spielbereich

Akzeptanz von Gewalt in Analogen Automaten

Viele der ersten analogen Automaten kommen aus dem Simulationsumfeld – Landen auf dem Mars etc. Sie handeln darüber auch teilweise von Krieg und Kriegsgeschehen (Uboote, Panzer … ) aber eben nicht nur. Dennoch gibt es meines Wissens nur wenige in denen Menschen getötet werden – und keine toten Körper in Kriegssettings. Die Integrität des menschlichen Körpers wird nicht verletzt. Dasselbe scheint für Flipper zu gelten, wo meines Wissens noch weniger „Militärszenarien“ eine Rolle spielen. Sex hingegeben spielt auf nicht wenigen Flippern eine Rolle. In analaogen Arcadegames aber überhaupt keine.

Spiele mit Töten von Menschen als Inhalt wären hier vermutlich das Spiel Wild Gun 1974 / Wild Gunman von Nintendo oder Sega Gun Fight. Diese handeln meist im „Wilden Westen“ also in einer Art FictionsWelt. Die ja allzu lange genau dafür benutzt wurde. Das Töten von Tieren dagegen gibt es im Analogen selbtverständlich schon früh mit Jagdspielen.

Analoge Realisierung von Zerstörung

Interessant ist in diesen Spielen auch, wie Zerstörung simuliert wurde, da die digitalen Möglichkeiten ja nicht vorhanden waren (In einem auf Atomregeln basierenden Welt verschwinden Sachen ja nicht einfach). Sie müssen physisch zerstört werden. Und so werden werden Objekt nach hinten geklappt oder beleuchtet. Beleuchtungen waren auch ein oft verwendetes Konzept in Flippern ebenfalls elektromechanische Arcades.



// ToDo: Check – Sega: https://www.gamelab.ch/?p=9126 (RifleMan 1967) und allgemein https://www.gamelab.ch/?p=448 (1969 Fantom Gun)
// ToDo: Check Flipper mit Kriegsinhalt > Ivo

Akzeptanz von Gewalt im Videospiel im Wandel der Zeit

Aktuell wird die Geschichte oft so gelesen, dass Gewalt vorallem gegen digitale Menschen immer schon war und dass dies immer schon Mainstream war. Dies stimmt vermutlich so nicht.

Selbstverständlich war die Zerstörung immer schon Teil der digitalen Videogamebranche angefangen bei Spielen auf Plato Systems über die Arcades bis zu aktuellen Spielen. Zerstörung ist etwas, was im analogen Alltag nicht unbedingt ‚goutiert‘ – bzw schwierig zu realisieren ist – wird, im Digitalen aber einfach möglich ist und als Effekt „Spass“ macht. Gekoppelt an eine Waffe ist es selbstverständlich eine mächtige Extension der Avatare. Explosionen zeigen letztlich analoge Macht pur. Und per Schuss ist auch noch der Avatar entkoppelt von der Wirkung.

Gesteigert findet man dies etwa in Salamander (Arcade) bei dem man* sich durch ein immer wachsendes Gewebe schiessen muss. Klaustrophobie inbegriffen und natürlich gibt es einen Querbezug zu wucherndem Gewebe (Krebskrankheiten).



In der Anwendung von Gewelt zur Lösung von Problemen wird eine der sozialen Regel des Nicht-Zerstörens „lustvoll“ übertreten. Diese Grenzüberschreitungen werden selbstverständlich meist legitimiert mit Stories von bösen Menschen oder gesteigert bösen Ausserirdischen.

Was die Gewalt an Menschen anbetrifft ergibt sich ein differenzierteres Bild. Es gibt verschiedene Aspekte, warum Gewalt und deren Auswirkung in Games wenig verbreitet ist am Anfang (8Bit Zeiten):

Technisch

Die Darstellungsformen waren begrenzt. Gerade im 8Bit Grafikbereich. Wenige Farben wenig Auflösung.

Dass dies leider trotzdem niemand aufgehalten hat im Bereich Sexualität und Gewalt, zeigen die Sexgames auf dem Atari 2600. Allerdings zeigt auch die Diskussion dieser Spiel bis heute, das sie umstritten waren. Dabei wurde selbstverständlich das Medium und das rechtliche ausgelotet. Sicherlich ein Ergebnis ist, dass das VCS die letzte Konsole ohne Raubkopierschutz und heute praktisch aller Inhalt kontrolliert wird. Sex etwa findet sich kaum auf Consolenplattformen. Dieser Mechanismus wirkt allerdings bis heute auch als Zensurmassnahme in Sachen Games, Kunstgames. Konkret kontrollieren die Consolen-Platformholder den Inhalt von Games – auch das Politische darin.

Allerdings wäre in Sachen Darstellung viel mehr Blut und zerstörte Körperteile damals selbstverständlich auch möglich gewesen, was gerade heutige Retrogames „eindrücklich“ zeigen. Es muss also noch mehr gegeben haben, das die GameDesigner* zurückhielt. Viele private Computerspiele wurden ebenfalls nie veröffentlicht, insofern kennen wir natürlich nicht alle möglichen Games und es werden hier lediglich die veröffentlichten bekanntesten Games diskutiert.

Historisch

Selbstverständlich lagen kriegerische Auseinandersetzungen gerade in den analogen Arcades zeitlich noch viel näher (2. Weltkrieg, Vietnamkrieg, danach Kriegsschauplätze im kalten Krieg etc). Dieser historischer Background zieht sich ja dann weiter fort in Sachen Atomkrieg und spiegelt sich dann etwa bei Missile Command (Suter) oder dann später die Kriege nach der Deintegration der UDDSR wie etwa in Jugoslawien (90er Jahre). Gesetzlich waren auch viele Dinge nicht erlaubt (Die Frage der Darstellung von Gewalt / Blut in D und die mögliche Indizierung)

Menschen in Extensions wie Raumschiffen

Es erstaunt deswegen auch nicht, dass Gewalt verpackt wird und selbst in Games der Mensch geschützt wird durch Hüllen (Extensions bei McLuhan) und damit eher imaginiert vorkommen als medial ‚repräsentiert‘.

In frühen Spielen (vorallem denen mit digitalen Gewaltinhalten) sind Menschen deswegen auch oft in Extensions wie Autos oder Raumschiffen unterwegs. Sie sind eingepackt und müssen nicht designed werden. Das Designen von technischen Objekten ist zudem einfacher und weniger klar als das Design von Menschen, die wir durchaus gut erkennen und selbst kleinste Änderungen bemerken (Siehe Uncanny Valley).

Ein Beispiel für viele bei R-Type:

R-Type 1987

Der verpackte Tod

Weil die Akzeptanz von toten Körpern in der Darstellung vermutlich nicht per se gegeben war, weichen die Produktionen auch sonst aus, indem man möglichst weit weg vom täglichen Setting (Alltagsleben) unterwegs ist: ShootEmUps handeln daher von Raumschiffen als Avatare. So weit bekannt, gibt es keine Spiele die den Tod eines Raumschiffes dann zurückbringen auf den Steuernden – den Piloten. Es gibt soweit bekannt, keine Szenen von Toten Menschen in Spielen wie R-Type. Der Fokus ist einfach zu weit weg. Es gibt auch keine Spiele, wo sich in die Explosion Körperteile mischen.

Aus dem CHLudens-Korpus: Insanity Fight. Der Pilot ist zwar am Anfang sichtbar, verschwindet danach aber im Raumschiff und ist im Tod nicht körperlich sichtbar. Die Explosion rettet den Betrachter vor der Auseinandersetzung mit der Zerstörung seines Körpers.

Erfahrung

RB: Der Tod war noch nie etwas Angenehmes und irgendwie war man auch froh (aus heutiger Sicht) ihn nicht sehen zu müssen, man war froh, wenn es nicht zu realistisch war. Es war letztlich nur eine Zahl bei „Lifes“. Insofern waren Spiele, die zu Nahe am analogen Alltag waren nicht besonders beliebt.

Die „Anderen“ dürfen visuell sterben – Techniken und Methoden doch hart sterben zu dürfen

Eine weitere Ausweichtaktik ist selbstverständlich die Menschen zu „entmenschlichen“, etwa indem man sie technisiert als Roboter oder zumindest mit einem Schutz ummantelt. Oder indem man sie alienisiert oder zombiesiert. Dann kann man statt rotes zwar kein blaues aber dafür grünes Blut (Doom) designend. Dadurch konnte man etwa in Deutschland die Indizierung umgehen. Auch die Anthromorphisierung als Tiere war/ist ein gängiges Mittel (vgl. Toki etc).

In diesen Settings lässt sich auch in den 80er Jahren mehr Gewalt „simulieren“. Zumal die Darstellung von Blut – siehe Doom – teilweise verboten war (Deutschland). Hier spielt natürlich auch HR Giger eine entscheidende Rolle. Es war möglich Menschen(teile) in Monstereinzubauen und damit Leid- und Unglück doch darstellbar. Dabei sind aber die zerstückelten Menschen integriert in ein neues Ganzes. Auch eine Horrorvorstellung für den Menschen -keine Kontrolle mehr zu haben.

// ToDo: Beispiel einbinden

Keine Zeit für das Massaker

Moralisch, ethisch hat das neue Medium Game durchaus Ängste sich auf das Terrain einzulassen, dass hier Menschen getötet und zerstückelt werden können. Die Anwendung von Gewalt und deren Folgen auf Objekte scheint dagegen kein Problem gewesen zu sein.

„Durchschnittliche Spiel“

Das Durchschnittliche Spiel löst das Sterben mit Verschwinden, „Morphing“ (PacMan), Auflösung, Auflösung in Einzelteile oder Explosion. Hier einige Beispiele zum Thema Mensch und Tod.

Death Race (1975 Arcade) – Umwandlung

In Death Race geht der Spieler* auf ZombieJagd mit einem Auto. Die Getroffenen verwandeln sich in Grabsteine. Das Spiel löste eine Diskussion aus, weil der Film Death Race 2000 mit einem ähnlichen Szenario unterwegs war: Fahrer sind unterwegs und müssen Punkte sammeln in einem SciFi-Realsetting: Die Welt ist heruntergekommen und so geben überfahrene Rollstühlgänger* etc Punkte – Krankenhäuser schieben sie auf die Strasse. Quasi eine „Auto=matisierte“ moderne Eugenik.



Damit spiegelt der Film eine radikale Sicht jener Tage und kann auch als radikal zynische Kritik gelesen werden. Das Spiel wird ebenfalls in diesem Umfeld gesehen und deswegen wird dann auch darüber diskutiert: Was ist der Unterschied vom read-only Medium Film und dem Computerspiel, wo der Spielende* ja tatsächlich auch handelt. Er trifft Entscheidungen. Einfach in einem Magic Circle im Cybespace.

Ethisch/moralische Freiheit für die Unterwerfung unter Spielregeln

Und Baudrillard hat darauf hingewiesen, dass wir in Spielen nicht wirklich „freier“ sind, denn wir unterwerfen uns ganz krassen Spielregeln und nur dadurch werden wir von der Moral und der Ethik befreit. Das ist quasi der unmoralische Deal der Gamediktaturen.

// ToDo: Zitat einfügen.

Das Nicht-Gezeigte

PacMan (Arcade, 1980) – Auflösung (Avatar), Morphing/Umwandlung (NPCs)

Bei PacMan etwa verschwinden die Geister eigentlich gar nicht, sie wandeln sich um beim Sterben in Augen und erstehen ganz wieder in ihrem Rückzugsort. Anders sieht es bei „PacMan“ selbst aus, dieser scheint sich visuell aufzulösen bzw. abgegebaut zu werden. Diese Art des Todes scheint verträglich, weil er den Tod nimmt und ihn entweder gar nicht zu lässt (Umwandlungsidee der Geister vgl. fast alle Religionen) oder sich langsam auflöst. Es gibt hier keine Überreste, Teile etc.

Technologisch ist diese Art am einfachsten zu realisieren und zu verwalten: Es hat immer gleich viele Sprites auf dem Bildschirm (Pool).

Night Stalker (Intellivsion 1982)- Auflösung in Einzelteile oder Blinken

In Night Walker gibt es Auflösen (Spinnen etc), das Zerlegen in Einzelteile – schön abgetrennt, keine Schnittflächen (Roboter) und ein „elektrisches?“ Blinken (Avatar)

Je besser die Grafikmöglichkeiten und vermutlich auch die ’soziale‘ Akzpetanz, umso gewaltätiger konnte auch der virtuelle Tod sein. Dennoch bleibt weiterhin alles im bekannten Rahmen.

Auch die Box – durch die wir in der Semioskaskade immer auch das Spiel sehen – ist recht harmlos: keine hässlichen Zerstörungen nur die Bedrohung von allen Seiten und die Lösung der Probleme per Pistole.

Ikari Warrior (1986, Arcade, Diverse Systeme)

Ikari Warrior ist ein klasssiches 1 oder 2 Spieler Spiel (Arcade), bei dem man von unten nach oben unterwegs ist und eine andere Armee besiegen muss. Auch hier, obwohl das Spiel ein Kriegsspiel ist: Die getroffenen Soldaten drehen sich wie Betrunkene (?) und werden dann ausgeblendet.

Chiller (1986, Arcades) – HorrorGames?

Selbstverständlich gibt es auch Ausnahmen ins Sachen Gewalt in dieser Zeit. Das krasseste und alleinstehenste veröffentlichte Beispiel dazu ist sicherlich Chiller: grafisch wie auch das Setting, wie auch das Gameplay. Hier muss man in einem Level „Leichen“ zerschiessen (das Interface ist eine Waffe), um etwa an einen Schlüssel zu kommen. Oder man darf leidende per Guillotine töten! Das Machbare wurde hier „gemacht“. Zur visuellen Darstellung kommt noch die Spielmechanik dazu, die den Inhalt aufnimmt und weitertreibt. So muss etwa ein Schlüssel im Körper eines Gefolterten gefunden werden, dazu muss er „zerschossen“ werden.

Die Werbung dazu ist ebenfalls einzigartig und versucht das auch „Video“format Horror in den Gamebereich zu transferieren. Dabei geht es selbstverständlich auch um die Frage, ist Zuschauen dasselbe wie selbst aktiv zu sein.

Das ist dann auch nur wenig geglückt. Bzw. es tritt die Frage auf, ob ein Arcade überhaupt eine so krasses Setting haben konnte. Besonders erfolgreich scheint das Spiel auf jeden Fall nicht gewesen zu sein, da die Firma bankrott ging.

Die Kommentare zu Chiller zeigen, wie dieses Spiel auch damals negativ wahrgenommen wurde. Hier wurden offensichtlich verchiendenste Grenzen/Regeln überschritten: Es ging um Folterung, Gewalt, Zerstückelung und bei all dem war man treibende Kraft und hat „mitgewirkt“. Die moralisch-ethische Entlastung des Spielers* durch das Spiel (Story: Man* muss jemanden retten – Zombies, Verzauberte?) gelingt hier überhaupt nicht. Gewalt scheint hier nicht als Mittel zum Zweck, sondern der einzige Zweck zu sein, das Spiel zu spielen.

Es scheint auch keine deutschsprachigen Reviews zu Chiller zu geben (zumindest auf Kultboy und co). Dies könnte darauf hinweisen, dass es absichtlich ignoriert wurde bzw. gar nicht (gesetzlich) erst in Europa auf Arcades spielbar war.

Barbarian – The ultimate Warrior (1987 Diverse Systeme)

Barbarian stellt ebenfalls – wie Chiller – einen Bruch dar – aber einen Bruch im Mainstream der Homecomputerspiele. Barbarian ist ein Fighting Game (vergleiche dazu auch Conan der Barbar). Ein Sondermove ermöglicht das Enthaupten des Gegners. Hier wird ein menschlicher Körper (bei Robotern schon länger möglich siehe NightStalker) zerteilt und selbstverständlich geht es danach sofort um die Verletzung und Blut. Hier sind die Avatare gross, stehen im Zentrum und letztlich ist die statische Kamera recht nahe dran. Neue Darstellungformen müssen genutzt werden, so wie man das aus den Arcades kennt. Dabei ist auch typisch, es ist viel Haut sichtbar. Siehe andere Beat’mUps wie DoubleDragon, Golden Axe. All diese Settings lassen viel Haut, viel Imagination übrig und sind mehrheitlich stereotypisierend und zwar weiblich wie männlich (Wunschvorstellungen). Wobei die männliche Stereotypisierung auf Männer eher Projektionsräume sind.

Es handelt sich auch hier klar um einen Regelbruch. Die Szene wurde noch weiter ausgeschlachtet, indem ein „Troll“ den Kopf in der Hand den Körper aus dem Bild zieht. Barbarian war ein Unikum. So zumindest die damalige Wertung. Spielte aber in einer Fantasy Welt mit allerlei Stereotypen und musste deswegen nicht ‚analog‘ besonders gerechtfertig werden.

Vergleich auch hier die wichtigsten Beat’mUps und die wenige Verwendung von Blut!

Pressestimmen

Die Pressestimmen sind wiederum unterschiedlichst. Interessant ist aber auch hier, dass das Spiel (auch wegen der Frage der Imageschäden) nicht einfach so ohne Kritik auskommt.

Happy Computer SH 21

Die letztlich sehr gewaltätige Szene wird hier wie folgt beschrieben: „Weg zum Sieg ist, dem Gegner kurzerhand den Kopf abzu-schlagen. Dann erscheint ein Kleiner grüner Kobold, der erst einmal herzhaft lacht und den Körper des Toten aus dem Bildschirm schleift. Liegt der Kopf auch noch herum, gibt er diesem einen herzhalten Kick (fast Bundesliga-tauglich).“

„Zum Schluß ein paar Worte zum „Gag- mit dem Kopfabschlagen“. Als Idee ist er sicher nicht schlecht, zumal er mit dem kleinen grünen Gnom witzig aufgemacht ist. Ich halte ihn aber in einem Computerspiel für fehl am Platz. Die Programmierer hätten sich diese Einlage lieber verkneifen sollen, denn sie bringt ein gutes Spiel in Verruf. „

Zum Vergleich stelle man sich diese Szene in einem Hollywood Blockbuster 1987 vor.

Erfahrung

RB: Schockmoment. Das heisst letztlich wurde es zur Belohnung, wenn man den anderen symbolisch ‚Köpfen‘ konnte. Es war quasi der Move das Spiel in einem gefährlichen Schlag zu entscheiden. Der Move war aber schwieriger und wurde mit der Belohnung zur Challenge in Barbarian und zum Erzählmoment, das sich heute noch viele erzählen.

Dungeon Master (1987, Atari ST/Amiga) Mitgefühl

Dungeon Master war eines der ersten Echtzeit-DungeonScroller im Mainstream (selbstverständlich gab es das Konzept auch schon auf Plato Systems in einer ähnlichen Komplexität aber auf einer Millionenteuren Hardware). Es ging vorwärts mit 4 Charakteren durch vorgegeben Dungeons. Es bedient ein ganz klassisches Setting. Interessant an Dungeon Master ist auch, dass hier die Gegner* über eine gewisse Intelligenz verfügen.

So flüchten die Gegner, wenn sie chancenlos sind. Dadurch entsteht eine Art Mitgefühl für diese Monster in diesen Dungeons. Auch wenn das Mitgefühl dann letztlich nicht besonders lange anhält (Doom3D wird sich später dann massiv gegen diese Art des Spiels absetzen mit paraphrasiert „Doom3D ist kein DungeonScroller“, was auch Bände spricht).

WAR HELI (1987, Atari ST, CH) – Soziale Mechanik

War Heli ist ein klassisches ShootEmUp mit Kriegssetting. Interessant im Speziellen ist eine soziale Mechanik, so werden Punkte abgezogen, wenn man Zivilfahrzeuge trifft. Trifft man einen Krankenwagen, dann werden die Punkte auf 0 gesetzt, also keine Chance mehr für den Highscore. Zwar gibt es auch andere ‚Bestrafungen‘ für das Töten von Unbeteiligten in anderen Spielen, aber soweit ist m.E. niemand damals dahin gegangen.

Pressestimmen

HC Spiele-Sonderteil 5/88

Die „soziale Mechanik“ wird auch im Spieltest erwähnt (Interessant is hier auch, dass der Leser* per Sie angesprochen wird): „Trotz des hektischen Kampfgetümmels sollten Sie auf Zivil-Fahrzeuge achten und diese schonen – nicht nur das Punktekonto wird’s Ihnen danken.“

Interessanterweise wird das Ganze als reine Spielmechanik wahrgenommen als wäre es „normal“.

Erfahrung

RB: Die soziale Mechanik ist im Spiel damals sofort aufgefallen: „Warum ist mein Score auf null?“ Und irgendwann fand man dann heraus: Aha der Krankenwagen. Was ich allerdings erst später gesehen habe, dass auch die anderen zivilen Fahrzeuge wie Autos Abzug gaben. Interessant scheint hierbei, dass gerade vor mehreren Jahren (auf Initiative des roten Kreuzes) die Frage aufkam: Soll in Spielen mit Kriegssettings die weisse Fahne beachtet werden müssen oder gar die Zuwiderhandlung (das absichtliche Töten) sanktioniert werden. Viele Spielenden sahen darin eine Einmischung ins Spiel alias Magic Circle.

BattleChess 1988

Hier gibt es diverseste Sterbearten bis zum Erstechen und dies alles recht detailliert und langsam (!) animiert.

Hier wird ein Spiel, das sonst gut sozialisiert ist, als „Kulturspiel“ gilt und ein symbolisches Spiel ist, verzeitlicht und visuell ins Setting versetzt. Hier wird nun nicht mehr symbolisch gekämpft sondern „real“ (wobei das Schachbrett erhalten bleibt vgl. Star Wars). Dadurch wird aus einem implizit „gewalttätigen“ Spiel wieder ein explizit gewalttätiges Spiel. Dabei bricht das Spiel keine Schachregeln, sondern visualisiert die symbolischen Handlungen nur (vgl. dazu Archon).

Erfahrung

RB: Damals war das Spiel natürlich lustig, aber es war dennoch bis zu einem gewissen Sinn erschreckend, weil eben das Rausnehmen von Figuren, hier ein teilweise gewaltsames Sterben war. Und weil die Standesunterschiede visuell und im Kampf sichtbar waren. Ist bis heute interessant in seiner Visualisierung.

Cadaver (1990, Atari ST, Amiga)

Es stellt sich sogar die Frage, ob es eigentliches No-Use-Of-Gore Agreement gab. Interessant sind etwa Spiele wie Cadaver 1990 (Atari ST/Amiga). Der Titel liesse heute Schlimmstes vermuten. Dabei ist das Spiel eigentlich harmlos. Selbst die Skelette sind goldig, das einzig Blutige ist das Zeichen an der Wand. Die „Gewalt“ ist hier die Folge von Gewalt, die sichtbar ist. Gewalttätig sind die die eigentlichen Handlungen eher weniger – aber klar: Das Spiel muss mit ‚Gewalt‘ gelöst werden.

Das Spiel mehr in Action:

Natürlich steckt hier auch die Farbwahl dahinter – es gab nur 16 verschiedene Farben. Dadurch entsteht sofort auch ein klarer Farbraum . Aber auf die Idee das Skelett auch noch mit Gewebsfetzen zu verzieren, scheint niemand gekommen zu sein. Die Körper bleiben unversehrt. Man fragt sich fast schon, ob dieses Spiel zum allgemeinen DigitalenBiedermeiertum der Homecomputerzeit gehört.

Erfahrung

RB: Cadaver war visuell beeindruckend, spannend und auch ein wenig gruselig aber nicht direkter Horror. Die Grafik ist aus einem Stück. Der Horror entsteht meist, wenn man in den nächsten Raum tritt.

Externalisierte (verstetigte) Gewalt

Selbstverständlich kommt in der Umgebung des Spiels, im Hintergrund Gewalt vor. Meist auch ist der Level – durch den der Spielenden* unterwegs ist- ein Resultat von Gewalt, auch Gewalt an Menschen. Meist sind es ja Aliens alias „sublimierte Menschen“, die etwas angerichtet haben und die Welt für sich „sozialisiert“ haben und nun muss sie befreit werden. Wiederum bestes Beispiel ist dabei natürlich R-Type, das das GameDesign massiv beeinflusste..

Der Atomkrieg & die Seuche

Hier spielt auch oder gerade, HR Giger als Inhaltslieferant und seine Designmethode eine wichtige Rolle. Er bietet mit seiner Kunst die Verschmelzung oder Überwuchern von Technologie und Menschen oder (Alien-)Kultur an. Dies ist in seinem Fall oft eine schmerzvolle Erfahrung. Eine oft im Hintergrund versteinerte Erfahrung. In den meisten Fällen überwuchert eine Zivilisation die andere beutet sie aus. Letztlich wird hier auch die Kolonialisierung meist am Menschen durchexerziert visuell. Dabei spielt natürlich auch das realistische Damokles-Schwert Atomkrieg – wie im Werk von Giger eine Rolle (Atomkinder). Der Kalte Krieg war nur in der Periphäre der USA und UDDSR real. In Europa war es eine stetige Angst im Hintergrund. Die Menschen im unteren Beispiel leiden quasi ewig im Monster eingeschlossen, hier wird der Tod zur Erlösung. In anderen Spielen sind die Menschen längst versteinert und endlos gefangen. Dabei sind sie Teil von etwas neuem Ganzen (des Anderen) geworden und nicht mehr zerfetzt und zerrissen.

Die Design- und Inhaltsmethoden von Giger sind vielfältig sichtbar gerade in Actionspielen (siehe R-Type oben). Necronom etwa bezieht sich schon im Namen auf ein Buch von HR Giger. Und so finden sich auch immer Splitter von Gigers Design-Methoden und natürlich darin verpackt den Ängsten der Zeit in Games. Wobei diese versteinerte Gewalt selbstverständlich dargestellt werden durfte.

Necronom (1990, Amiga, CH)

Siehe dazu auch R-Type oder die Aliens Game Reihe direkt. „Wenn der Horror alles überwuchert“. Mehr zu Giger und Games in dieser virtuellen Ausstellung >

Interessant bei Alien/Aliens Arcade ist sicher auch, dass es hier gerade um Eingeweide geht.

Das Alien (Film 1979) bricht ja geradezu als Innerei aus dem Menschen heraus und lässt ihn ‚eröffnet‘ zurück. Ripley sollte ja ursprünglich auch ein Mann sein. Der Alien-Embryo ist geradezu die zum Leben erweckte Innerei und so wird dieses Herausbrechen etwa im Aliens Arcade 1990 massiv gefeiert mit zerstörten Würmern etc. Der Mensch ist hier Teil einer neuen Maschine und es gilt ihn daraus zu retten. Spielte Alien noch mit der Angst vor der Integration in den allumspannenden Kommunismus 1979 und den Kapitalisimus (Roboter), kann nun in Aliens auch im Umfeld des globalen integrierenden Kapitalismus gelesen werden (Bishop). Die UDSSR ja unterging 1989.

Next Step – Horror-Splatter im Mainstream

Ab Ende der 80er wird das Genre der Spiele mit direkten (analog menschlichen) Kriegsinhalten immer bedeutender. Hier sind Menschen die Gegner und keine Aliens mehr. Dafür stehen Spiele wie Ikari Warrior, Cabal oder Operation Wolf.

Cabal (1988, Arcade)

Cabal ist sehr „nahe“ am Krieg, weiter als viele Spiel davor. Das Spiel versucht mit Zentralperspektive eine Kriegssituation spielbar zu machen. Es handelt sich auf beiden Seiten um Soldaten. Diese sind in Angesicht zu Angesicht angeordnet. Der Avatar schiesst auf die anderen Soldaten und trifft sie. Dabei machen die virtuellen Soldaten eine Rolle und fallen hin, verschwinden danach. Das Sterben scheint realistischer zu sein in diesem Spiel. Es ist eine Art 3rdPerson Egoshooter – aber auch hier ohne Blut. Die Kugeln der Gegner sind sehr unrealistisch, da extrem langsam.

Bis heute ein Rätsel, was diese seltsame Darstellung von „Freude“ als Rennen mit hochgezogenen Beinen soll am Ende der Levels.

PresseStimmen

Die Pressestimmen sind interessant, weil hier – oft erstmalig tiefergreifend – darüber diskutiert wird: Ist dies ok? Ist es ethisch, moralisch ok.

Beim JokerText (MagaziN) geht es schon vorne los: „Töten total“ und mit „Metzel-Spiele sind ja von Haus aus nichts für zartbesaitete Gemüter – aber selten war diese Aussage so zutreffend wie hier: In Oceans neuem Actiongame wird gemeuchelt, gemordet, bis selbst dem Joystick schlecht wird.“ zeigt sich denn auch schon, das hier etwas neues passiert. Geht es doch um eine Art 3D Perspektive beim Töten und um recht detaillierte Animationen für damalige Verhältnisse.

Das Spiel wird als brutal wahrgenommen und gleichzeitig gegen den Spielspass gestellt.

„Cabal ist so brutal, wie kaum ein anderes Kriegsspiel: Der Weg durch die 20 Level ist mit Leichen nur so gepflastert. Aber so pervers es auch klingen mag, diese actiongeladene Metzelei macht Spaß!“

Und auf die moralische Ebene – die ja anscheinend noch da zu sein scheint – wird letztlich gar nicht eingegangen: „Oceans Killer-Game fegt moralische Bedenken mit einer satten Salve Spiel-Spaß vom Tisch.“ Hier rechtfertigt wieder einmal Spass anscheinend alle Bedenken. Oder anders gesagt: Die Motivations-/Spielmechanik rechtfertigt die Mittel. Unklar bleibt allerdings, warum es unbedingt das Spiel im Kriegssetting sein muss.

„Rattatazong, rattatazong – weg ist der Balkon, dong/ Und nicht nur der – nein, Häuser kann man ausradieren, Bäume, Bsche, Tore, Lastwagen, Panzer, Hubschrauber!“ Interessant wie hier eigentlich ein ComicUmsetzung folgt – auch wenn das Spiel eben gerade nicht im Medium Comic spielt – das Gewalt natürlich massiv inszeniert und animiert. Das hier ist etwas anderes – hier wird eher ‚verfilmt‘.

Hier geht es also darum, dass alles machbar ist und der Spieler* vor nichts halt machen muss. Die Welt ist ja kaputtbar.

„Das könnt Ihr wörtlich nehmen. CABAL hat etwas, wogegen man sich kaum wehren kann. So eine Art Dr. -Jekyll-und-Mr.-Hide-Effekt könnte man es nennen. Muß ich mich nun in die Ecke stellen und mich schämen? Ich meine nein! Denn: CABAL ist ein Computerrspiel, nicht mehr und nicht weniger. [… ] Und immerhin hat jedes Computerspiel, bei dem man sich seiner Haut erwehren muß, die Vernichtung anderen Lebens zum Ziel. Seien es Tiere, feindliche Soldaten, Außerirdische, was auch immer. Ich persönlich bin der Ansicht daß niemand die Berechtigung hat, das eine zum Abschuß freizugeben, das andere unmoralisch und Gefahr für die (geistige) Volksgesundheit zu verteufeln.“

Im diesem Beispiel der Legitimierung wird der MagicCircle bemüht: Es ist halt ein Computerspiel. Und dann das aufgebaut, was jedes Spiel den Spielern* liefert: Eine fiktionale Begründung für jede Art von Gewaltanwendung in Games. Eine Argumentationslinie, die bis heute durchgezogen wird.

ASM 1/89

„CABAL ist, moralische Bedenken beiseite, ein Spiel, das sich jeder Fan von Games wie W.O.P (Name von der Red. geändert) und Unternehmen Gans (Name von der Red. geändert) zulegen sollte.“

Mit der Moral setzt man sich dann auch nicht wirklich auseinander. Fun rechtfertigt auch hier fast alles.

Erfahrung

RB: Eigentlich gab es sowohl als Spieler wie auch als Gamedesigner kein Interesse am ‚Abknallen von Menschen‘. Warum auch? Warum sollte Krieg speziell gut sein? Es geht ja um Spielspass – heute würde man sagen Motivationsdeisgn. Bei Canbalt kam hinzu, dass es eine 3D-Perspektive war und nicht mehr wie bei Ikari Warrior Isometrisch war oder so. Es wollte also realer sein. Und dann war ja auch Krieg zu der Zeit etwa in Ex-Jugoslawien. Man war bald oder danach vorher in der CH-Armee. Dazu kam, dass die Gegner eben wirklich ’sterben‘ im Spiel, auch wenn sie dann verschwinden, aber sie werden getroffen und fallen hin. Selbstverständlich gab es auch andere ähnliche Spiele im SciFi-Bereich auf den man ausweichen konnte wie etwa Space Harriers.

Operation Wolf (1989, Arcade)


Hier wird seitlich gescrollt. Der Orginalautomat hat sogar eine echte Gun. Die Leute sterben wiederum in diversen schmerzerfüllten Posen. Inmitten der Szene gibt es Schweinchen, Frauen im Binikini, Jungs mit Baseballcaps, die ihre Mutter suchen. Trifft man einen Zivilisten* erntet man ein „NO“.

Pressestimmen

Das Powerplay 2/89 wird auch hier recht eindeutig: „Wenn der Titel ‚geschmacklosestes Computerspiel‘ zur Debatte stünde, dann würde Operation Wolf ohne Zweifel gewinnen. Um das Spiel zu gewinnen, müssen Sie genau 355 Menschen erschießen. […]
Aber auch wenn man alle Moral beiseite läßt, bleibt spielerisch nicht sehr viel übrig. Mit dem Joystick steuert sich das Fadenkreuz sehr ungenau und die zufällige Verteilung der Extras macht es vom Glück abhängig, ob man einen Level schafft oder nicht. […] Kurzum: Wer dieses Programm kauft, soll sich nicht wundern, wenn Computerspiele noch mehr ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.“

Hier wird also das Spiel als geschmacklos bezeichnet und gewertet. „Bei ‚Operation Wolf‘ geht’s nur ums Töten“. Gerade, dass die Tötung von 355 Menschen allein zur Lösung des Spiels führt, wird angeführt. Töten scheint in diesem Kontext und dieser Zeit

Golden Axe (1989, Arcade) Gewalt ohne Blut

Interssanterweise kommen weiterhin Spiele mit Gewalt ohne Blut heraus. Es sind brutale Fantasy-Welten ohne Blut, ohne Verletzungen. Eine Art digitaler Biedermeier – bei dem Gewalt und ihre Folgen sich einfach auflösen. Vielleicht ist das sogar der Inhalt der 80er Jahre Games. Hier als Beispiel Golden Axe:

Kommentar

RB: Persönlich waren diese Spiele immer befreiend. Man spielte irgendwo in einer FantasyWelt und es war maximal distanziert zum Spielsalon (dunkel) in dem man spielte. Keine Fragen, einfache Jobs, nicht zu kompliziert und Golden Axe war mit zwei Personen gleichzeitig spielbar.

„Multimediaspiele“ – MadDogMcCree (1990, Arcade + 1994 Portierungen) – Interaktive Videofilme

MadDogMcCree gehört letztlich zu den Nachfahren der ‚realistischen‘ DuellSpiele und der Laserdisc Games der 80er Jahre wie Dragons Lair oder Space Ace. Diese arbeiteten aber meist mit 3rd Person Perspektiven. MadDogMcCree ist hier anders. Es ist ein Ego-Shootem-Up wie etwa Operation Wolf. Die einzelnen Szenen sind ‚reale‘ Filme mit echten Personen und danach digitalisiert. Der Stil ist ’schwierig‘. Sieht es doch alles immer wie klassischer trashiger Video aus. Eine Identifikationsfigur findet sich nicht. Anscheinend war die Zeit aber nun reif – reale Videoschnippsel zugänglich zu machen. Blut sieht man aber hier auch nirgends. Die Bewegungsfreiheit scheint hier gross, weil man auf dem ganzen Bildschirm sein Feuerkreuz herrumbewegen kann. „Interagieren“ und das Spiel beeinflussen kann man dann aber immer nur an einem bestimmten Ort – wo gerade jemand sich vor die „Flinte“ legt.

(Das ganze basierte auf einer Amiga-Hardware siehe Wikipedia.) Es handelt sich also eher um einen interaktiven Film.

Pressestimmen

In einigen Tests wird dann auch betont, dass das jetzt ein weiteres Multimedia-Spiel sei: „Wer Ballerspiele liebt und sich für echtes Multimedia begeistern kann, dem wird Mad Dog McCree sicher gefallen.“ (PC-Games Games 1/94).

Mögliche moralische Probleme finden sich in diesem auch blutleeren Spiel für die Tester wenig. Dass Ballerspiele gewalttätig sind, scheint klar. Das PowerPlay geht dabei aber doch auch härter ins Gericht mit diesem „Spiel“. „Mad Dog McCree ist stereotyp und stumpfsinnig zugleich.“

PowerPlay 1/94

Auch hier wird betont: „Vor Euren Augen läuft quasi ein Westernfilm mit richtigen Schauspielern ab, der Euch einen gewissen Handlungsspielraum einräumt.“ In diesem Sinn kommt die Legitimation aus dem akzeptierten Film. Klar ist in diesem Test aber auch, dass „Aber so manches Sinclair 2X81-Spiel auf Kassette hatte mehr Klasse als dieses simple Klick-mich-Kasperltheater.“

Aber auch hier – bedingt durch das Genre (?) – gibt es nicht unbedingt moralische Bedenken. Es scheint im Rahmen zu liegen und im Wilden Westen scheint es „halt einfach Gewalt“ gegeben zu haben.

Andere Beurteilung zum Spiel findet man hier >

Kommentare

RB: Persönlich fand ich dieses Spiel damals grausig. Es ging hier wirklich darum ‚echte‘ Menschen ‚zu erledigen‘. Ich habe das Spiel in der Spielhalle darum auch eher ausprobiert als lange gespielt. Das Problem war hier halt auch: Die dramatische Inszenierung etc wie im Film fehlte völlig und das ganze bewegte sich visuelle derart an der Oberfläche, dass einfach kein Spass aufkommen konnte.

Vom Handrendering (gemalt) zu (halb-)digitalisiertem Design und dessen Folgen – der „echte“ Video-Spiel-Film

Anfang bis Mitte der 90er Jahre beginnt der Farbraum, sowie die Anzahl Farben grösser zu werden und die Auflösungen zu steigen – sowohl in der Arcade wie auf den Consolen. Dadurch entsteht ein neues Experimentierfeld und die Pixelästhetik kann sich näher am Video orientieren oder anders gesagt: Es muss nicht mehr alles handgezeichnet werden und die Spiele sind doch keine interaktiven Filme mehr. Die Bewegungsfreiheit sind die eines digitalen Spiels. Mit der Einführung von CDs entsteht zusätzlich auch vermehrt die Möglichkeit mit Filmen (etwa in Cutscenes) zu arbeiten. In dieser Zeit entsteht eine strange Art von Grafik, die oft halb handgepainted und halb digitalisiert ist. Dies lässt sich auch anhand der Consolen und ihrer Speichermedien ablesen: Geschichte der Consolen der 90er Jahre >

Eines der ersten solcher Games ist sicherlich Mortal Kombat in den Arcades. Es kommt die Spielhallen und ist da eine Neuerung, weil es anders ist als das Allermeiste gerade damls aktuelle. Es bricht auch deswegen Tabus.

Mortal Kombat (1992)

Mortal Kombat ist fraglos ein Spiel, das anzeigte, dass andere Zeiten kommen würden auch in der Spielhalle. Anders als andere Spiele kommt es mit digitalisierter Grafik. Damit bringt es analogen „Realismus“ in die Spielhallen. Damit sind es nicht mehr Fantasyfiguren sondern reale Figuren im Hier und Jetzt. Davor gab es oft digitalisierte Stimmen aber keine digitalisierten animierten Bilder. Die Brutalität des Spiels überschreitet auch alles, was davor CommonSense war: Verbrennungen, herausgerissene Herzen etc. Hier wird die Integrität des menschlichen Körpers überhaupt nicht mehr hochgehalten. Auch die Mischung von verschiedensten Genres und Settings wird radikal praktiziert: heute, gestern, fantasy. Es ist als wäre es ein postmodernes Spiel in verschiedensten Kategorien. Wobei es eben kein eigentliches Mukokuseki-Spiel ist: Es ist nicht wirklich ein inhaltlich neues Ganzes.

Die Avatare sind auch mehr als nur überheblich im Gewinnen sondern erniedrigen bzw. zerstören den Besiegten bis hin zur Auslöschung. Mobber unterwegs im Spielebereich. Hier geht es defintiv nicht mehr um ein beschauliches Kräftemessen. Das Spiel steht dennoch in den meisten Spielhallen etwa der Schweiz.

Mortal Kombat kann man deswegen auch als Turning Point bezeichnen.

Pressestimmen

Die Testberichte sind wiederum gespalten. Aber es herrscht doch Spektakel vor. Ethisch, moralische Bedenken scheinen Verschwunden. Testberichte in DACH-Medien >

Warum die Begeisterung für ein offensichtlich brutales Spiel?

Mortal Kombat erscheint hier als die neue Welt, da wo Games endlich zu Hollywood aufschliessen und die Lücke schliessen. Es scheint als sei das Selbstwertgefühl der Gamerkultur endlich irgendwo:

„Man kann Mortal Kombat lieben oder hassen – sicher ist, daß es den Nerv der Zeit getroffen hat und sowohl technisch, als auch inhaltlich wegweisender ist als Capcoms „Street Fighter 2“. Mit seinen digitalisierten Kampfsportlern ist „Mortal Kombat“ ein Videospiel aus Hollywood, der erste Computerfilm, der wirklich funktioniert. Nur die Tatsache, daß als Vorbild das B-Movie-Genre „Eastern“ dient, hat „Mortal Kombat“ vor einer noch größeren Fangemeinde bewahrt. Doch auch mit primitiver Knochen-brecher-Thematik schlug Mortal Kombat ein wie eine Bombe.“

Hier wird klar unterschieden, was morgen ist und was gestern. Damit zeigt sich, wo die Spielszene damals die Zukunft sah, in digitalisierten „Realfilmen“. Es scheint als sei damit der letzte Gap geschlossen. Und deswegen wurde auch massiv in diesen Bereich investiert mit vielen Konsolen, die nun CDi etc hiessen. Leider hat wurde dann die Technik von 3D überholt und vom Traum der filmischen Digitalisierten Games träumt man heute wieder mit dem interaktiven Film.

Meist wird das Game nicht als Arcade besprochen. Lediglich die Unterschiede (Weniger Blut, entschärfte FatalMoves etc).

Erfahrung

RB: Als ich zum ersten Mal Mortal Kombat in einem Spielsalon sah, dachte ich es sei kaputt. Die Grafik war so schlecht = ungepolished nicht zusammenpassend, die Figuren waren offensichtlich schlecht freigestellt (Photoshop 3 kam 1993 raus!). Dazu gab es grausige Hintergründe. Die Uneinheitlichkeit des Design ist bis heute negativ ‚legendär‘. Das ganze war Stillos. Das Ganze sah aus wie ein schlechter Video. Es war wie diese üblen CD-Consolen Games, irgendwo gefangen zwischen gemalt und digitalisiert. Und dann die Brutalität des Spiels in Aktion. Man hat geradezu gelitten im Game wie beim Zusehen – weil es so bildlich – analog real war. Da lagen auf einmal ‚echte‘ Menschen da. Das viele Blut. Die kaputten Körper. Seile um den Hals mit „Get over hier“. Die Frage war: Musste das sein? War es Ironie? Aber schnell war klar: nein es war keine Ironie. Die Devs meinen es ernst. Mortal Kombat ist ein Spiel, das ich nie viel gespielt habe, anders als andere Fighting Games. Das Macho-Gehabe war gesteigert ins Unermässliche in diesem Spiel.

Die normalisierte offensichtliche Brutalität ab 1995

Die Brutalität scheint ab 1993/94/95 schon stark normalisiert zu sein in Games und der nun bestehende Connex zu Videofilmen und deren (auch Trash-)Kultur (Video-B-Tapes) scheint kein Problem mehr zu sein. So zumindest die Testberichte.

Wie sehr sich das ganze auch der späten Amiga-Szene wiederfindet, zeigt das Spiel Enemy.

Enemy: Tempest of Violence (1997, Amiga, CHLudens Corpus)

Schon der Titel zeigt an, was nun kommen wird: Tempest of Violence. Die Pixelgrafik erscheint auch hier wieder „lieblich“, auch wenn bald klar wird, dass es hier alles andere als lieblich zu und her geht. Die Aliens waren wieder mal unterwegs.

Aussergewöhnlich ist in diesem Spiel – für ein Pixelspiel – dass viel Blut vorkommt bei den Kämpfen und dass das Massaker und seine Folgen dargestellt wird. Die Leute liegen tot herum (vgl. dazu auch Laichenberg).

Im Interview mit André Wütrich dem Macher verschiedenster Amiga Spiele wie Traders, Locomotion wird Folgendes erklärt zur Entstehung des Spiels:

Zum Interview: https://www.lemonamiga.com/interviews/andre_wuthrich/

Das Spiel „Persian Gulf Inferno“ zum Vergleich findet sich hier.


Die Frage, warum es diese unverhüllte Gewalt (und welche ist es?), es dann auch in sein Spiel schaffte, bleibt ungeklärt. Faszination? Und wo sind die Unterschiede?

Das Spiel arbeitet offensichtlich damit, dass der Spieler Gewalt gegen Menschen verhindern soll. Es fragt sich dann allerdings auch: Warum dieses sehr detaillierte Auflisten der Todesarten etc. Wie wird hier mit dem Voyeurismus gespielt oder ist dies alles nur „Lust“ am Horror?

PresseStimmen

Die wenigen Reviews findet man noch hier auf kultboy.de > In den Reviews geht es nicht mehr wirklich um Ethik und Moral der Gewaltdarstellung. Die „Heftchen“, die sich damit auseinandergesetzt haben sind auch nicht mehr (Powerplay und co). Gewaltdarstellung und interaktive Gewaltausübung scheint kein Problem mehr zu sein, obwohl die einzelnen Aspekte durchaus beschreiben werden.

Amiga Games 7/97

Verschiedene Beschreibungen des Horrors im Game.


// ToDo: Nachfrage zum Verhältnis von Gewalt, Inhalt und Game bei Wütrich


Wie weiter? Das Ende der Homecomputerscene, 3D Games und Teil II dieser kleinen Geschichte

Etwas später endet dann auch die Homecomputerzeit und damit vielleicht die Biedermeierzeit des Handerstellten. Die Consolen und vorallem die PC-Platform nimmt Fahrt auf.

Und diese Platformen bedienen zuerst mit seltsamen Videospielfilmen und später mit Spielen wie Doom3D (1993) seinen Clones, den 3D-Hunden aus Quake und Diablo (1996) das Genre der Spiele mit gewaltvollen und auch deren blutigen Darstellung.

Auch die Spiele mit Militärhintergrund damals benannt „Kriegsspiele“ mit zeitgenössischem Setting scheinen kein direktes moralisch / ethisches Problem mehr zu sein und sind nun Teil der Gamekultur ohne „Wenn und Aber“.

Mit Spielen wie House of the living deads (Railshooter, 1997) oder Manhunt 200x wird das Problem allerdings dann wieder richtig aktuell. Aber da arbeitet man längst vor allem mit Zombies und die haben es schliesslich verdient endgültig getötet zu werden. Die weitere Virtualisierung auch des Contents in Richtung 3D macht dann auch neue „Spiele wie Filme“ möglich, diese sind wirklich interaktiv und der interaktive Film scheint endgültig der Vergangenheit anzugehören.

Aber dazu mehr in Teil II.

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