Riehen ist schon seit Jahrhunderten „kolonialisiert“ worden von Stadtflüchtigen Basler*n, die sich hier Häuser kauften (1540 gehörten schon 10% aller Häuser den Städtern*), um sich hier zurückziehen zu können bei Bedarf – Ruhe und Kontemplation muss sein. Landschaftlich lässt sich dann auch seit den Römern über das Umland sehen – etwa die Lange Erlen. Hier findet sich ein Fluss, der tatsächlich via „Flussschwellen“ Richtung Basel und Rhein fliesst.
Allerdings ist auch die Stadt näher gekommen und nicht mehr versteckt hinter Apfelbäumen: Die weissen „Zwillingstürme“ von Basel ragen über alles. Und so macht Riehen trotzdem weiter als gepüzelter Ort für vor allem Reiche (wahnsinnig viel Parkgelände in Riehen) und so steht dann konsequenterweise auch ein ’schweizweit‘ bekanntes Museum da: die Fondation Beyeler. Der Name verehrt ja auch nicht die Kunst sondern den Sammler, als ‚frühen‘ Kurator-Künstler alias ‚Förderer‘. Hier hin pilgern dann auch die Massen, um Kunst zu betrachten (gerade Matisse) und natürlich auch um den Namen „Beyeler“ zu ehren. Symbolisches Kapital geht dann doch über alles. Diesen Twist hat der „Taig“ von Basel seit Jahrhunderten immer verstanden: Brot und Kunst. Vielleicht ist das sogar noch billiger als Brot und Spiele.
Museum für Alltagsspiel
Das andere Spiel findet sich im Museum für Kultur & Spiel. Der Spielteil befasst sich mit dem analogen Alltag von Spielen. Das Museum arbeitet mit viel Anschauungs- und Anfassensmaterial aus verschiedenen Zeiten und wirft dazu entsprechende Fragen auf. Ist also eher Alltagsorientiert. Vergleiche dazu auch das Spielzeug Welten Museum Basel in der Basler Innenstadt. Basel scheint ein Cluster für das analoge Alltagsspiel zu sein.
Aufgebaut ist das spielbare Museum – sehr geeignet auch für Kinder bis vermutlich 8 – um Themen und deren Fragestellung. Man könnte auch sagen: Motivationsmechaniken.
Dabei wird oft das Gestern und Heute einander entgegengestellt und erfahrbar gemacht.
Ein anderes Thema wäre das ‚Puppenspiel‘ – wie hat man gespielt, welche Rollen spielen etwa Puppen, welche Themen haben sie – hier Soldaten (Feldgraue). Und wie war das ganze eingebettet, welche anderen ähnlichen Spielformen gab es.
Oder „Wie hälst du es mit den Waffen?“ Hier einige Beispiele aus der Sammlung des Museums bzw. Leihgaben. Dies ist bekanntlich eine Gretchenfrage gerade auch heute wieder.
Es gibt auch einige witzige Ideen zu virtuellen Welten, wie wir sie heute kennen, etwa das Auto in dem man strampelt.
Und die Welt vorbeizieht. Siehe auch hier >
Einige wenige digitale Installationen lockern das Ganze ins Digitale aus.
Etwa mit einer <-HändeGeste werde ich dann zum Krokodil.
Das fehlend Digitale
Wie in fast allen Museen fehlt das Digitale als Inhalt vollends oder auch nur der Übergang ins Digitale, etwa die elektrisch-mechanischen Toys (ausser der obligaten Eisenbahn) an Spielzeugen. Diese wären noch im Rahmen nutz- bzw. erhaltbar und relativ einfach betreibbar. Gerade bei der Digitalisierung muss der Besucher* aber selbst die wichtigen Fragen stellen und beantworten: Was ist wie digital geworden, was geblieben? Was verschwunden und was neu erfunden worden.
Und genau hier verliert letztlich die Schweiz jede Aktualität. Allerdings ist das auch wiederum konsequent: In der Fondation Beyeler (wie auch im Kunsthaus Basel – Zürich inklusive) predigt man auch den analogen Biedermeiermedien und verschliesst sich konsequent, irgendetwas, was modernere digitale Medien benutzt oder nur schon digital interaktiv wäre (also allem ausser digitalen ReadOnlyBildern und Filmen). Es geht weiterhin ums Heilige, ums Staunen, ums Niederknien und nicht um Irritationen und Unkontrolliertheiten (als wären Spiele unkontrolliert).
Es ist, als würde sich eine ganze analoge Kultur dagegen wehren. Dass es sich dabei nicht um eine Anpassungsdepression der Museums-Kunst/Kultur-Szene handelt, zeigt allein schon, dass vor 10 Jahren in dem Museum eine Ausstellung zu Videospielen stattfand. Und dass Videospiele eigentlich heute Digitale Spiele immer nur als Sonderausstellungen vorkommen wie etwa im HEK und nicht schon längst Sammlungsgegenstand sind (Es gibt Gamekunst seit 30 Jahren!), sagt mehr als tausend temporäre Ausstellungen.
Museum für den kulturellen Alltag
Interessant in diesem Alltags-/’Dorf’museum ist aber auch der Riehen-Kulturteil. Das ist da, wo meistens die Kinder von Gemeinden mehrfach ’sozialisiert‘ werden über Führungen.
Hier gibt es eine Timeline mit verschiedenen Kategorien und Ereignissen oben.
Es kann als offene Lokale-Geschichtslandkarte gelesen werden, wo auch Dinge nachgetragen werden können. Und so gibt es denn auch das eine oder andere vertieft zu erfahren etwa die ‚unrühmlichen‘ Geschichten einer Gemeinde, die aufgearbeitet gehören wie Hexenprozesse.
Unklar, ob dies gewollt ist oder nicht, haben einige angefangen hier ihre eigenen Notizen zu machen und sie hinzuhängen als eine Art OpenBook (vgl. dazu auch PostIt-erweiterte Ausstellungen).
Aber spätestens hier wird dann klar, dass eigentlich jede Dorf-/Stadtgeschichte offen sein sollte für die Kommentare „ihrer“ Bevölkerung. Kommentare müssen sein.